Eine riesige, petrolfarbende Treppe zieht sich über die gesamte Bühnenhöhe und -breite. Ganz oben steht eine kleine Tischlampe. Der gemalte Umriss eines menschlichen Körpers ist auf einer der Stufen zu erkennen. Dann kurz typische Filmanfangsmusik. Plötzlich poltert eine Person die Treppenstufen runter, wird schneller und kommt am Ende der Treppe zum Erliegen. Definitiv tot.
Erschwerte Bedingungen
Im nächsten Moment beginnen die Mordermittlungen. Denn die Person, die dort tot am Treppenende liegt, ist eine Krankenschwester in einer Nervenheilanstalt. Kriminalinspektor Richard Voß übernimmt den Fall. Nicht sein erster in dieser ganz besonderen Nervenheilanstalt. Denn der Mörder hält sich für keinen geringeren als Einstein. Und es ist nicht der erste Mordfall in der Nervenheilanstalt, die von Irrenärztin Fräulein Doktor Mathilde von Zahnd geleitet wird.
Bereits zuvor hatte ein weiterer ihrer Patienten seine Krankenschwester um die Ecke gebracht. Mörder war hier Herbert Georg Beutler, bekannt als Newton. Noch einer, der sich für eine ganz bestimmte Person hält. Das alles erleichtert dem armen Kommissar seine Arbeit nicht gerade. Zu Beginn wirkt zumindest die Irrenärztin kooperativ. Und sie ist bereit, ihre besonderen Patienten zukünftig von männlichen Pflegern umsorgen zu lassen, um einen weiteren tragischen Zwischfall mit Schwesternmord zu vermeiden. Denn es gibt noch ein weiteres Sorgenkind unter ihren Bewohnern: Johann Wilhelm Möbius.
Verrückte Welt
Wer genau ist hier eigentlich verrückt? Der stets geigende Einstein scheint doch sehr verrückt. Newton redet auch viel verrücktes Zeug. Und die Irrenärztin? Bei der stimmt auch irgendwas nicht. Der stille Möbius hingegen wirkt fast normal. Doch dann geschieht, was geschehen muss, eine weitere Krankenschwester stirbt. Diesmal der Mörder: Johann Wilhelm Möbius.
Doch all das macht Möbius nur aus einem ganz bestimmten Grund. Er hat etwas zu verbergen. Vor den anderen Insassen, aber vor allem vor der Welt. Denn er hat die Weltformel erforscht. Er ist ein Physiker, der seine Erkenntnisse, die durchaus tödlich sein können, zu schützen versucht. Dumm nur, dass auch Einstein und Newton in Wirklichkeit Physiker und Spione sind, die auf Möbius Wissen angesetzt wurden. Gemeinsam entschließen sich aber alle drei, dass es das Beste sein wird, gemeinsam Möbius Erkenntnisse zu schützen.
Also drei Normale. Doch wer ist denn dann verrückt? Die wahnsinnige Psychiaterin und Nervenheilleiterin Fräulein Doktor Mathilde von Zahnd (herrlich böse: Elke Borkenstein). Sie hat Möbius Forschung an sich gerissen und schickt sich nun an, mit diesem Wissen die Weltherrschaft anzutreten. Dumm gelaufen.
Körperliche Skurrilitäten
Gar nicht dumm gelaufen ist die Inszenierung Christian von Treskows. Getreu Friedrich Dürrenmatts Einstellung, dass man einer derart grotesken Welt nur noch mit Humor begegnen kann, inszeniert er „Die Physiker“ mit viel Situationskomik und grotesker Übertreibung. Hinzu kommt die, bedingt durch die riesige gepolsterte Treppe, sehr körperlich betonte Darstellungsform. Mit dieser wusste von Treskow schon bei seiner Inszenierung von „Warten auf Godot“ zu beeindrucken. Da wird die Treppe hoch gerobbt, sich runter gedreht, von der Treppe in scheinbare Tiefen gesprungen.
Hier und da wirken die Szenen fast schon ein bisschen zu komisch. Doch das alles tut der Kernessenz des Stücks keinen Abbruch: Wissen in den falschen Händen ist gefährlich. Aber herrlich unterhaltsam und skurril in dieser Darstellungsform. \ cr
6.+12.11.
„Die Physiker“
verschiedene Uhrzeiten, Bühne, Theater Aachen
Tickets gibt es bei KlenkesTicket im Kapuziner Karree
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