Rund um die Mulde verstummt das Publikumsgemurmel und alle Zuschauer starren etwas irritiert auf den schwarzen Leichensack, der auf weiße Flauschedecken gebettet mittig auf der Spielfläche liegt. Aus dem Off erklingen Stimmen: „Ruhe!“ „Das Fotografieren ist streng verboten!“ „Die Monroe wünscht stets rote Rosen!“ „Die Monroe hasst rote Rosen.“ „Alle roten Rosen sollen weiß sein!“
Währenddessen erstreckt sich aus dem Leichensack erst eine Hand, dann der ganze Körper einer – dank platinblonder Perücke und dem weißen Kleid unschwer zu erkennen – Marilyn Monroe. Und schon beginnt Marilyn ihren Hit „I wanna be loved by you“ zu singen. Mit einer fast schon bizarr zerbrechlichen Stimme. Da steht das Mädchen, das doch nur geliebt werden wollte neben ihrem Leichensack, schüttet den Zuschauern ihr Herz aus und zieht doch den Blick auf den tiefen Ausschnitt.
Gerade als man sich an Mona Creutzer in ihrer Rolle als Marilyn gewöhnt hat, krabbelt eine weitere Blondine auf allen Vieren in gleichem Kleid und Perücke über die Bühne. Eine zweite Monroe (Romy Maria Goehlich), die nicht sexy ihre Songs haucht, sonder ein wenig panisch auf der Suche nach ihrem Hündchen ist. Zu guter Letzt hat dann noch Marylin Nummer drei ihren Auftritt. Annette Schmidt ist ebenfalls Marilyn, aber weder die sexy hauchende noch kindlich krabbelnde Marilyn. Sie ist der Star Marilyn Monroe: „Ich bin die Größte! Kein Tod ist wie mein Tod.“
Und doch sind sie alle drei eine Person. Sie sind Norma Jean Mortenson, Norma Jean Baker und Marylin Monroe. Ganz einfach. Eine Person, viele Facetten – belesen, dümmlich, ängstlich, verärgert –, tausend Geschichten – Brüste aus Gummi, geliebte Tochter, verstoßenes Kind –, ein paar Fakten –gefärbte Haare, Wespentaille. Die drei Darstellerinnen, führen durch das Leben der Diva, um die sich Mythen rangten. Sie singen ganz wunderbar dreistimmig ein paar ihrer Lieder („Every Baby needs a Daddy“), erklären ihren Werdegang und schlüpfen immer wieder in die Rolle der Menschen, die die Monroe in ihrem Leben traf.
Mona Creutzer sorgt wahrlich für Lacher, als sie sich erst mit Affenmaske und lautem Gebrüll zu King Kong macht und später mit übergroßem Jacket und Zigarre zum Studioboss, der eine stark stotternde, sich vor Angst windende Marilyn (Romy Maria Goehlich) in ihre Schranken weist. Annette Schmidt wird dank Hornbrille und Schreibmaschine von einem auf den anderen Moment Arthur Miller. Nach rund einer Stunde ist das höchst unterhaltsame Stück vorbei und das LuFo wird von Marilyns Bühne wieder zum Museum. Aber eigentlich unterscheidet sich das eine doch nicht so vom anderen. Denn der Zuschauer hat etwas gelernt. Marilyn, Norma oder wie sie nun heißen mag, ist ganz ohne Zweifel eine Kunstfigur. \kw
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