Alle Jahre wieder versuchen sich die Kölner Erdmöbel an der Quadratur des Kreises: Intelligente, unironische Weihnachtslieder, die im Rahmen einer stilechten Weihnachtstour im runden Dutzend an die Fans gebracht werden. Ohne Umtauschrecht!
Für gewöhnlich bedeutet Weihnachtsalbum für eine Künstlerkarriere, dass jetzt niemand mehr mit Licht am Ende des Tunnels rechnen sollte. Weihnachtsalben bekommt man von Peter Alexander, Kylie Minogue, André Rieu, Paul Carrack, Sarah Connor und Helene Fischer unter den Baum gelegt. Oder auch von Campino.
Etwas anders liegt der Fall bei der Kölner Band Erdmöbel, die ihre Fans seit 2007 alljährlich mit einem Weihnachtssong beglückt. Als nette Geste oder so. Die Band um Sänger und Texter Markus Berges und Multiinstrumentalisten und Produzenten Ekki Maas sieht Weihnachten durchaus kritisch, weiß allerdings: Man kann Weihnachten doof finden, entkommen kann man dem Fest mit allen seinen Abgründen (Kitsch, Kinder, Kaufrausch, Verwandte) nicht.
Erdmöbel nehmen allerdings die ästhetische Herausforderung, dazu etwas zu sagen und zu singen, sportlich. Wie in all den anderen Erdmöbel-Songs werden stark poetische und hintersinnige Texte in eine freundliche Musik verpackt, die man durchaus subversiv nennen kann. Was beschwingt daher kommt wie „Goldener Stern“, handelt unter der Hand auch gerne mal vom Konsumterror mit „Geiz ist geil“-Mentalität, der „Lehrerinnen im Waschbärkragen“ fröhnen.
Die boshaft-sentimentale Angst-Lust der Band im Umgang mit den mit den Fest verbundenen Vorstellungen widmete sich zunächst der kongenialen Eindeutschung von Whams spätestens ab Anfang Oktober unvermeidlichen Saison-Hit „Last Christmas“ mit der – wenn man das Originalvideo erinnert – schönen Zeile: „Sollen doch die Reichen die Berge kaputt fahren“. Ohne das „uns“, das die Sache kleinkariert gemacht hätte.
Aus dem Spaß wurde spätestens dann Ernst, als die Band die großartige Schauspielerin Maren Eggert ins Studio bat, um „Lametta“ im Duo einzusingen. Mit dem hirnbohrenden Refrain „Lalala Lalalala Metta“. Wie „Mette“ oder „Mettende“. Große Volkskunst aus dem Knabengebirge. Als aber sieben Jahre verstrichen waren, schnürten Erdmöbel ein Bündel Songs, packten drei, vier passende Klassiker hinzu, nannten das Resultat offenherzig „Geschenk“ und stellten es in die Läden.
Was jetzt noch verpackungstechnisch zu tun blieb, ließ sich problemlos in einem Kölner Altkleiderladen lösen. Erdmöbel, vertrauend auch auf Ekki Maas’ bekanntermaßen unzähmbar wuchernde Behaarung, wurde verkleidet zum Weihnachtsmöbel: zur Krippe mit einschlägigem Personal.
Seither kommt jedes Jahr ein neuer Song zu „Geschenk“ hinzu, die Band tourt in der Vorweihnachtszeit und die Fans beginnen spätestens dann unruhig mit den Hufen zu scharren, wenn bei Aldi Pfeffernuss und Spekulatius, Marzipan und Dresdner Stollen in den Regalen auftauchen. Also Mitte September. Erdmöbel, die never ending Weihnachtsgeschichte. Dingdingdong. Jesus hätte sie live geliebt. Und „Geschenk“ gekauft. Für die Lieben, als Stallbeschallung. \ Ulrich Kriest
17.12. Erdmöbel
20 Uhr, Musikbunker
KlenkesTicket im Kapuziner Karree
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