Von Kira Wirtz
Drei Abende, drei Frauen, drei unterschiedliche Geschichten, aber ein Konzept, das sich im letzten Jahr bewährt hat. In der Nadelfabrik lesen deutsche Autorinnen mit Migrationshintergrund.
Suleman Taufiq, Literaturliebhaber und -kenner, beschäftigt sich seit Ende der 1970er mit deutschsprachiger Literatur von Schriftstellern, deren Muttersprache nicht deutsch ist und gibt Bücher zu diesem Thema heraus. Er selbst ist in Syrien geboren, kam zum Studieren nach Aachen. 1978 veröffentlichte er seinen ersten Gedichtband auf Deutsch. Mittlerweile ist er Schriftsteller, Übersetzter und Herausgeber.
Bereits im letzten Jahr holte er Autoren nach Aachen, die bei ihren Lesungen in der Nadelfabrik zeigten, dass Kunst – und diese schließt Dichtkunst und Literatur ein – keine Grenzen kennt! In diesem Jahr wird die Nadelfabrik bei ihren Lesungen von der Buchhandlung Backhaus unterstützt, die das Potential einer solchen Leserreihe erkannte. „Wir haben diese Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, bei der Menschen mit Migrationshintergrund durch Lesungen aus ihren Werken zeigen, dass man Deutsch nicht unbedingt als Muttersprache braucht, um mit den Worten kunstvoll umzugehen. Das in diesem Jahr nur Frauen lesen, war wirklich ein Zufall“, erklärt Taufiq.
Safiye Can
Den Anfang macht Safiye Can. Geboren als Kind tscherkessischer Eltern, die bereits vor Cans Geburt als Gastarbeiter nach Deutschland kamen, studierte sie Philosophie, Psychoanalyse und Rechtswissenschaft in Frankfurt am Main. Sie schreibt Lyrik und Prosa und übersetzt aus dem Türkischen. Safiye Can wurde mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Else-Lasker-Schüler-Lyrikpreis (2016) und dem Alfred Müller-Felsenburg-Preis für aufrechte Literatur (2016). Im April liest sie aus ihrem Gedichtband „Diese Haltestelle hab ich mir gemacht“ in Aachen.
Pegah Ahmadi
Weiter geht die Reihe mit Pegah Ahmadi aus Teheran, die mit ihren Werken bereits mehrfach an Poesiefestivals teilnahm und für den Media Choice Award als beste iranische Dichterin nominiert wurde. Sie wird ihre Gedichte auf persisch vortragen. Eine Übersetzerin liest sie danach noch einmal auf Deutsch. „Die Perser sind Meister des Vortragens. Auf die Lesung sollte man gespannt sein. Auf Persisch kann mit der Sprache regelrecht musiziert werden“, weiß Taufiq. Ahmadi ist die einzige Lesende, die bisher keinen deutschen Pass hat. Erst seit September 2009 lebt sie im Rahmen des Förderprogramms „Städte der Zuflucht“ in Frankfurt und hat inzwischen Asyl in Deutschland beantragt.
Rasha Khayat
Zu guter Letzt ist die „west-östliche Diva“ Rasha Khayat dazu eingeladen, den Aachenern ihren Roman und damit ihre Sicht der Dinge vorzustellen. Khayat, geboren 1978 in Dortmund, wuchs in Jeddah, Saudi-Arabien, auf. Ihr Vater ist aus Saudi Arabien, ihre Mutter ist Deutsche. Als sie elf war, siedelte ihre Familie nach Deutschland zurück. Sie studierte Vergleichende Literaturwissenschaften, Germanistik und Philosophie in Bonn. Seit 2005 lebt sie in Hamburg und arbeitet als freie Autorin, Übersetzerin und Lektorin. 2010 war sie Stipendiatin der Jürgen-Ponto-Stiftung.
In ihrem Roman „Weil wir längst woanders sind“ beschreibt sie das Leben in ihren zwei Welten anhand der fiktiven Personen Basil und Layla, ein Geschwisterpaar aus Saudi Arabien, das in Deutschland aufwuchs und ein gemeinsames Leben lebt, bis sich Layla dazu entscheidet, ihren Job, ihre Beziehung und ihren Bruder aufzugeben, um ein Leben in Saudi-Arabien zu führen und dort einen Mann zu heiraten, den sie kaum kennt. Keine Entscheidung aus Liebe, sondern aus Prinzip.
Vor jeder Lesung gibt Suleman Taufiq eine kurze Einführung in das Buch, erklärt etwas zu den Schriftstellerinnen und leitet nach der Lesung eine Diskussionsrunde für die Zuhörer. \
Homepage der Nadelfabrik Aachen
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