Bei Frau Feist ist das alles unbegründet. Denn auch wenn ihre Stimme gewohnt kühl schmeichelnd den Hörer umweht, stecken doch in den Arrangements jede Menge Kanten. Diese Musik atmet den Raum, in dem sie entstanden ist und gerade so zwingt sie zum hinhören, da hier nichts optimal gemixt im Vordergrund steht. Ein „1234“ sucht man auf „Metals“ vergeblich, die Stücke öffnen sich erst nach mehrmaligem Hören. Stilistisch ist Feist inzwischen bei einer ländlichen Blues-Variante angekommen, die aber immer wieder Platz für großartig platzierte Bläser hat. So etwa schon im Opener „The Bad In Each Other“, der von einer funky Bassdrum getrieben, in einem schwelgerischem, an Kante erinnernden Refrain mündet. Ganz anders bei „Undiscovered First“: Ein nervös vor sich hinzuckender Blues, mächtige Blechbläser setzen ein, doch nur als Vorspiel für eine brachiale Gitarrenwand und eine mehrstimmige Feist, und plötzlich ist die Musik schwer wie Led Zeppelin. Das Gegengewicht liefert „Anti-Pioneer“, Musik am Rande des Verschwindens, oder auch „Caught A Long Wind“, ein winterliches Kammerspiel am Meer. Und wie groß ist „A Commotion“: nervöse Michael Nyman-Streicher steigern die Spannung, bis Feists Kollegen Mocky und Chilly Gonzalez ein gut gelauntes ‚A Commotion’ brüllen. Und doch ist das alles unter dem Leitmotiv der „Bittersweet Melodies“ zu hören, immer noch lässt sich mit Feist herrlich Liebeskummer erleiden, im Winter vom Sommer träumen, hinter zugezogenen Gardinen melancholische Rückschau halten. /// Karl Koch
(Polydor/Universal)
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