Schon der Start war sensationell: In weniger als sechs Wochen sammelte eine Aachener Koalition aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik 1,5 Millionen Euro via Crowdfunding und bewarb sich beim Land NRW erfolgreich um die Einrichtung eines Digitalisierungszentrums. Jetzt ist der „digitalHUB Aachen“ in die ehemalige St. Elisabeth-Kirche an der Jülicher Straße gezogen und feiert damit wieder eine kleine Sensation: die Eröffnung von Deutschlands erstem Coworking-Space in einem Kirchenschiff.
„Start-ups, Mittelstand und Industrie werden hier eng zusammenarbeiten, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern“, so Iris Wilhelmi, Geschäftsführerin des digitalHUB Aachen e.V., der bereits über 150 Mitglieder zählt. Mit dabei: Start-ups wie physiosense und myWürstchen.de, IT-Größen wie Soptim und Lancom, aber eben auch Lindt, die Lebenshilfe und die Stawag. Digitalisierungswillige, etablierte Unternehmen treffen so auf „digitale Enabler“, also solche, die entsprechende Kompetenzen und Lösungen für die Digitalisierung anbieten.
Nähe schafft Innovation
Die „Digital Church“, wie die neue Heimat der digitalen Szene genannt wird, dient dabei als inspirierende und kreative Begegnungsstätte: Anbieter und Anwender werden dauerhaft zusammengebracht, tauschen sich aus, treiben Ideen voran und arbeiten gemeinsam an innovativen Geschäftsmodellen. „Das verbessert nachhaltig die Geschäftssituation aller Beteiligten und stärkt damit die Zukunftsfähigkeit der Aachener Region“, erklärt Wilhelmi.
Dafür wurden im Kirchengebäude etwa 100 moderne Arbeitsplätze eingerichtet: mehrere FlexDesks, ein langer Tisch entlang des Mittelschiffs, grüne Telefonboxen und viele unterschiedlich gestaltete und ausgestattete Kommunikationsinseln und Arbeitsecken – mal mit bequemen Sesseln, mal mit ringsherum beschreibbaren Whiteboard-Wänden. Neben abgetrennten Konferenzräumen und einem Café-Bereich gibt es sogar eine Werkstatt, in der die Unternehmer tüfteln und an Prototypen basteln können. Ab 50 Euro pro Monat ist ein solcher Arbeitsplatz in der „Church“ zu haben, die ersten 20 sind bereits vergeben.
Digitales Quartier in Aachen-Nord
Das neue Ökosystem soll kontinuierlich ausgebaut werden indem weitere Büroflächen in der Umgebung zur Verfügung gestellt werden, so die Pläne der Landmarken AG, die die Kirche umgebaut hat. Die Vision aller Akteure: ein lebendiges Digitalquartier entlang der Jülicher Straße und rund um den Blücherplatz, mit der „Church“ als eine Art Leuchtturm in der Mitte. „Eine Region lebt auch von ihrem guten Ruf, ihrer Attraktivität und ihrer Strahlkraft“, betont Michael F. Bayer, Vorstand des digitalHUB und Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen. „Bisher spielt Aachen auf der digitalen Landkarte von Bund und EU keine Rolle. Das muss sich dringend ändern.“ Aachen habe schließlich das Potenzial, die Digitalregion Nummer Eins in NRW zu werden und auch deutschlandweit ganz vorne mitzuspielen.
„Dazu brauchen die Aachener viel Mut, den sie mit der Investition bereits bewiesen haben, und Offenheit“, ergänzt Bayer. In diesem Sinne soll auch die Kirche zeitweise ein offener Raum bleiben, in dem Gastronomie und Events möglich sind. Die FlexDesks werden dann zur Seite geschoben und machen Platz für kulturelle Veranstaltungen.
Von Anja Nolte
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