Und Gebetbücher retten Leben …
Kriminalkomödie von John Buchan und Alfred Hitchcock
1935 verfilmte Hitchcock das Drehbuch „the 39 steps“ von John Buchan als Thriller mit fulminantem Erfolg. Protagonist ist Richard Hannay, ein junger Mann, den sein Leben langweilt. Dies ändert sich umgehend, als während einer Theatervorstellung von dem all-wissenden „Mr. Memory“ ein Schuss fällt. Die schöne mysteriöse Annabella Schmidt sucht bei Hannay Unterschlupf, aus Angst vor ihren Verfolgern. Annabella entpuppt sich als Spionin, wird in der Nacht von unsichtbarer Hand erstochen, und sinkt sterbend in Hannays Schoß.
Hannay wird zum Verdächtigen, Annabella umgebracht zu haben und sieht sich plötzlich selbst in die Spionagegeschichte verwickelt und von zwei Seiten verfolgt: Von der Polizei, der er aus Misstrauen entkommen will und von den Bösewichten, denen er das Handwerk legen will.
Die Verfolgungsjagd beginnt, atemraubend für Zuschauer und, in Ulf Dietrichs Inszenierung, auch für die Schauspieler. Harald Pilar von Pilchau gibt den naiven Kanadier Hannay, der zunächst gar nicht weiß, wie ihm geschieht. Zitternd sitzt er im Zug zwei Unterwäsche-Verkäufern gegenüber, im nächsten Abteil küsst er furchtlos die fremde Pamela, um der Polizei zu entkommen und dem Verbrechen auf die Spur zu kommen.
Dietrich nimmt das Tempo Hitchcocks auf, indem vier Schauspieler weit über zehn Rollen darstellen. Michael Hiller und Wolf E. Rahlfs geben unzählige und mannigfaltige Figuren. Zunächst sind sie zwei in Columbo-Mäntel eingehüllte Agenten, die schon dadurch für Lacher und Szenenapplaus sorgen, dass sie ihre Straßenlaterne, unter der sie zu lungern haben, mit sich herumtragen. Dann wieder sind die beiden im Sekundentakt abwechselnd Polizisten, Schaffner und Dessous-Händler. Schauspielerisch auf höchstem Niveau, sind Szenen wie diese teilweise recht anstrengend, und grenzen schnell an Klamauk. Als Michael Hiller in Spitzenkleidchen als Frau des Oberbösewichts Professor Jordan (Rahlfs) über die Bühne tänzelt, bekommt der offensichtliche Publikumsliebling die meisten Lacher. Auch Sarah Schütz meistert ihre Dreifachrolle, nicht nur in ihrem Aussehen (Kostüme: Heike M. Schmidt), auch im Wesen unterscheiden sich die resolute Pamela, die schüchterne Margaret Crofter und Annabella voneinander.
Hitchcock-like wird Hanney nie gefasst, noch stößt ihm etwas zu. Es wird durch Fenster geklettert, indem sich Fenster, nicht Menschen bewegen, und Hannay ist völlig unkaputtbar. Er übersteht einen Sprung aus dem Zug, hangelt sich in Spiderman-Manier an Leitungen entlang, und ein Schuss auf ihn wird durch ein Gebetbuch abgehalten. Ohne dass der eigentliche Plot eine sonderliche Rolle spielt, geht alles gut aus. „Die 39 Stufen“ ist sicher mehr Komödie als Krimi, oft an der Grenze zum Albernen. Doch der Premierenapplaus zeigt, dass Dietrichs rasante Inszenierung ins Schwarze getroffen hat.
Barbara Taxhet
Foto: Grenzlandtheater Aachen
Termine:
1. bis 20.5, 20 Uhr, Grenzlandtheater (dann externe Spielstätten)
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