Frau Teilmans, hätten Sie mit einem so großen Erfolg von „West Side Story“ gerechnet?
Das ist schwer zu sagen. Selbst wenn große Titel auf dem Programm stehen: Ein Stück ist niemals von sich aus ein Selbstläufer!
Wir haben uns natürlich sehr gefreut, dass es so gut lief und das Publikum begeistert war. Das erhoffen wir uns auch vom „Fiddler on the Roof“. Und dafür tun wir auch einiges.
Was denken sie, ist ausschlaggebend für einen Erfolg?
Wir machen keine bloße Unterhaltungsshow. Wir gehen anders um mit den dunklen Themen Rassismus, Flucht und Verfolgung, alles Motive unseres Spielplan 2016/17 und unserer aktuellen Zeit. Ähnlich wie Westside Story in den 50er Jahren wurde mit „Fiddler on the Roof“ in den 60ern die Gattung des Musicals erneuert sowohl durch die anspruchsvollen Stoffe als auch durch die anspruchsvolle musikalische Gestaltung.
Und wie auch in Westside Story spielen jüdische Musikquellen eine große Rolle. Als Stadttheater haben wir, so sehe ich das zumindest, einen anderen Auftrag als ein kommerzielles Musical-Unternehmen. Deshalb haben wir uns auch bewusst dafür entschieden, keine Musicaldarsteller zu casten, sondern wie bereits im letzten Jahr unsere eigenen Sänger und Schauspieler zu besetzten und Tänzer aus dem Bereich Modern Dance zu engagieren.
Ist die diesjährige Produktion der von „West Side Story“ ähnlich?
Es ist ein anderer Stoff, aber die Themen und unsere Herangehensweise sind vergleichbar. Das Besondere am „Fiedler“ ist, dass der Chor nach Tevje, dem Protagonisten, die Hauptrolle spielt. Es stehen der Haus- und Extrachor und Teile des Kinderchors Aachen auf der Bühne.
Dabei übernimmt der Hauschor solistische Aufgaben, schillernde Figuren des jüdischen und russischen Volkes. Wie im letzten Jahr mischen sich Tänzer, Sänger und Schauspiele auf spannende, befruchtende Weise, alle tanzen, schauspielern und singen. Insgesamt werden 80 Darsteller auf der Bühne stehen.
Und wer erarbeitet die Choreografien?
Das macht Hakan Aslan, den ich bereits aus Westside Story kenne, der damals spontan einsprang, als ein anderer Tänzer erkrankte. Und in diesem Jahr arbeite ich mit ihm choreographisch zusammen.
Vieles entwickelt sich natürlich noch. Aber das Wichtigste, es macht allen wahnsinnigen Spaß. Die Tänzer bringen so eine Frische und Neugier mit. Das ist gut für das ganze Team. Außerdem überwindet man mit so einer Produktion die reinen Theaterformen. Das gefällt mir. Alle können viel voneinander lernen.
Wer wird denn Ihr Fiddler sein?
Wir haben insgesamt fünf, das darf ich schon verraten, Facetten des jüdischen Schicksals, der jüdischen Kultur, auch Schutzengel Tevjes. Mit dem Geiger auf dem Dach beginnt ja auch die Geschichte. Der Fiedler, so der jiddische Begriff, steht als Symbol für den Balanceakt eines Volkes unter der Bedingung jahrhundertelanger Verfolgung.
Er ist eine Art Alter Ego, das für jedes verfolgte Volk stehen könnte. In unserem Konzept ist der Fiddler mehr als eine pittoreske Figur. Er begleitet Terje, der eine Art Hiob-Figur ist, in einem tragikomischen Balanceakt. Mit dem charismatischen Sänger Bart Driessen hat Aachen einen wahren Glückstreffer gelandet, denn wenn der Tevje nicht richtig besetzt ist, dann klappt Anatevka nicht.
Im Stück geht es um ein Dorf in der Karenzzeit Was wird auf der Bühne zu sehen sein?
Andreas Becker, der schon in der Westside Story mit mir zusammenarbeitete, gestaltet sowohl die Bühne als auch die Kostüme.
Trotz der Themen wird es kein düstere Ästhetik, Humor und Überlebens-Trotz durchziehen das Leben in Anatevka, das ohne weiteres auf heute zu übertragen ist. Die Bühne ist eine Überraschung, die natürlich noch nicht verraten wird.
Mögen Sie Musicals?
Ich mag intelligenten Witz. Mir liegt eine Art der Unterhaltung, die auf Ernsthaftigkeit begründet ist. Und Anatevka hat alles was ich mag, nur keine Aufführung-Tradition, die mir liegt.
Tickets gibt es bei KlenkesTicket im KapuzinerKarree.
WEITEREMPFEHLEN