Von Christina Goerres
Kulturelle und religiöse Dialoge schaffen – dafür steht das Yunus-Emre-Gemeindezentrum. Die weiße Moschee ist mittlerweile das Wahrzeichen der muslimischen Gemeinde in Aachen. Schon von Weitem sieht man das 40 Meter hohe Minarett in den Himmel ragen. Der Bau des gesamten Zentrums dauert nunmehr sieben Jahre. Weshalb das so ist, warum die türkische Gemeinde so stolz auf ihr Wahrzeichen ist und was sich im Inneren des monumentalen Bauwerks verbirgt, erfährt Klenkes-Autorin Christina Goerres bei einem Rundgang mit Bauprojektleiter Dipl.-Ing. Erol Uzkiz.
Damit Interessierte einen Blick auf die andauernden Bauarbeiten, aber vor allem in die bereits laufende Gemeindearbeit bekommen, werden bereits seit einiger Zeit Rundgänge angeboten. Getroffen wird sich im öffentlichen Café, das ebenfalls Teil des Zentrums ist. Bei traditionellem Tee gibt Uzkiz einen kurzen Überblick zum derzeitigen Stand des Baus, bevor der Rundgang beginnt.
Sisyphusarbeit Rohbau
Seit dem ersten Spatenstich 2010 sind sieben Jahre vergangen. Der Rohbau und die Erdarbeiten nahmen insgesamt drei Jahre davon in Anspruch. Der Anfang gestaltete sich schwierig, denn es mussten Tonnen an benzinkontaminierter Erde als Vorbereitung für den eigentlichen Rohbau abgetragen werden.
Eine Tankstelle, die zuvor auf dem Gelände stand, sorgte für die anfängliche Sisyphusarbeit. Beton und Stahl in gigantischen Mengen wurden für das Gemeindezentrum mit integrierter Moschee verarbeitet. Es wurden 99 Pfähle, die auch numerisch die 99 Gottesnamen symbolisieren mit bis zu 1,20 Meter Durchmesser in die Tiefe des Bodens mittels eines speziellen Verfahrens eingelassen.
Da es sich um eine öffentliche Versammlungsstätte handelt, war auch ein Nachweis zur Erdbebensicherheit zu erbringen. Nun, zum Ende dieses Jahres, soll endlich fast alles geschafft sein. Und dann ist schlussendlich der Ort fertig, an dem das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen, Völkerverständigung und Toleranz gefördert werden soll. Zum Beispiel durch Jugend- und Seniorenarbeit, dem Erwerb der deutschen Sprache oder soziale Betreuung und Beratung der Gemeindemitglieder.
Ehrenamt und Handwerk
Beim Passieren des Eingangsbereich mit hellem Marmor und goldener Schrift, erklärt der Projektleiter, dass jeder Mensch, der Hilfe benötigt – dabei spielen weder Nationalität noch Religion eine Rolle – in der Moschee um Hilfe bitten kann. Für ihn und die gesamte Gemeinde ist es wichtig, dass das Gemeindezentrum nicht nur ein Gotteshaus ist, sondern ein Ort der Begegnung und ein Ort des Austausch. Staunend und respektvoll bewegt sich die Besuchergruppe durch die Glasfront in den Hauptsaal hinein. Hier sind die letzten intensiven Arbeiten für den Innenausbau in vollem Gange. Weiter geht es durch das Herz der Moschee, dem zukünftigen Gebetsraum für die Männer.
Bei Führungen wie dieser sind die Räume auch für Frauen zugänglich. Die Wände leuchten in hellen Farben, kontrastierend mit warmgoldener Kalligraphiekunst an den Wänden. Ein religiöses Symbol weist den Betenden die Richtung Mekkas. Tageslicht strahlt durch die Stahl-Glas-Konstruktion des imposanten Kuppelwerks. Das Glasgewölbe wird mit einem Stahlgerüst aus kunstvoll geschweißten sternförmigen Mustern von innen verziert werden. Das Innendesign der Moschee entwarf eine türkische Innenarchitektin aus Ankara. Die Empore der Moschee ist der Gebetsbereich für die Frauen, laut Uzkiz mit dem schönsten Ausblick auf das Kuppelwerk.
Eine Brücke zwischen Tradition und Moderne
Vom Haupttreppenhaus gelangt man zu verschiedenen Seminarräumen und einer Bibliothek. In den Räumen werden bereits verschiedene Kurse angeboten, beispielsweise Koch- oder Sprachkurse, Nachhilfe für Schüler oder Yoga. Die Räume können jederzeit von Externen angemietet werden und öffnen so das Gemeindezentrum für jedermann. Besonders ist auch die moderne Gemeindeküche zum gemeinsamen Kochen. Im Kellergeschoss gibt es eine große Mehrzweckhalle, die in Zukunft für Feste jeder Art zur Verfügung steht. Praktisch, dass eine Tiefgarage angeschlossen ist.
Finanzierung durch Spenden
Die Yunus-Emre-Moschee wird nicht mit öffentlichen Geldern unterstützt. Das Bauprojekt wird ausschließlich durch Spenden, Kredite und den ehrenamtlichen Arbeitseinsatz aus der türkischen Gemeinde verwirklicht. Selbst Firmen verzichten auf Profit und liefern die benötigten Baustoffe zum Einkaufspreis.
Seit dem ersten Spatenstich vor sieben Jahren ist viel auf dem Gelände geschehen. Es hat sich ein modernes Gemeindezentrum mit vielseitiger Nutzung entwickelt. Ein Ende des Baus ist in Sicht und für das Frühjahr 2018 angesetzt worden. Die letzten Verfeinerungen zur endgültigen Fertigstellung sind derzeit in Arbeit. Für die Gruppe ging es danach erstmal gemeinsam mit Projektleiter Uzkiz zum Essen. Natürlich in ein türkisches Restaurant. \
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