Von Sebastian Dreher
Es gibt viele schöne Orte in Aachen, aber das ist sicher einer der schönsten. Im Vordergrund blitzt die Eisfläche des Stauweihers Diepenbenden, dahinter wölbt sich ein leichter Hügel, dem wie eine hölzerne Hand ein knorriger Baum aus der Spitze wächst. „Ein Platz wie aus einem Traum. Schon als kleines Kind bin ich gerne hierher gekommen.“ Christian Mourad sitzt auf einer Bank nahe des Ufers, seiner Lieblingsbank. Dann deutet er hinter sich: „Da vorne ist übrigens das Geburtshaus von David Garrett.“
In dieser exklusiven Gegend ist er aufgewachsen. Sein Vater verließ 1959 die syrische Heimat und kam nach Deutschland, 1965 wurde Christian geboren. „Mein zweiter Vorname ist Fathallah“, verrät er. Er selbst nennt sich einen echten „St. Gregorianer“, von der „Eismühle“ aus, dem Jugendheim der Pfarre St. Gregor von Burtscheid, kam er mit seiner ganzen Clique regelmäßig auf Mofas zum See gefahren. „Wir haben allerlei Spökes gemacht. Nicht immer zum Wohlwollen der Anwohner.“ Aber rumgesaut hätten sie nie, die Jugendlichen, noch heute kenne er den Weiherwart, der in einem Haus nahe des Sees wohnt. „Hier zum See kam man zum Händchenhalten, für einen Kuss. Und wenn es vorbei war, konnte man sich hier auch seinem Liebeskummer hingeben.“ In besonderer Erinnerung ist ihm geblieben, dass er nach den langen Spaziergängen mit seinem Vater im „Aquarium“ eine Limo trinken durfte – so nannte sich damals das „Haus am See“.
Damals, das war Ende der 70er, Anfang der 80er. Nach seinem Abi 1984 am Pius-Gymnasium konnte Mourad in Bonn Jura studieren, ohne vorher Wehr- oder Zivildienst ableisten zu müssen. „Ich wurde schlicht und ergreifend vergessen.“ Die Referendarzeit führte ihn wieder zurück in die Heimat.
1998 war es allerdings vorbei mit dem Werdegang nach 08/15-Muster: Mourad wurde Geschäftsführer des Aachener Karnevalsvereins AKV, er organisierte und moderierte unter anderem die Verleihung des Ordens „Wider den tierischen Ernst“. Sieben Jahre lang blieb er beim jecken Treiben, dann kam das Zerwürfnis, die „Differenzen über die strategische Ausrichtung des Vereins“ waren zu groß, wie er es heute formuliert.
Doch es ging munter weiter. Im UEFA-Cup-Jahr 2004 wurde er für ein Jahr Geschäftsführer Marketing und Presse bei der Alemannia, später holte er die Höhner auf den Katschhof. 2006 machte er sich schließlich mit seiner Agentur creatEvent selbständig, die seitdem in einem Atemzug mit dem jährlichen Musikspektakel „Kurpark Classix“ genannt wird.
Zwischen all den Etappen kehrte er immer wieder zu seiner Bank am Stauweiher zurück, selbst wenn es – solange er noch rauchte – nur für eine schnelle Zigarette war. „Es war für mich immer wichtig, aus dem Arbeitstrott herauszutreten und die Dinge mit Abstand zu betrachten.“ Die Ruhe des Sees brachte ihn auf andere Ideen, lenkte ihn von den dringlichen Sachen ab, so dass er sich diesen im Anschluss noch konzentrierter widmen konnte.
Zum Abschluss des Treffens verrät Christian Mourad auch noch sein nächstes Projekt. Und das wird sein Leben wieder einmal in eine andere, bislang nicht eingeschlagene Richtung führen: „Ich werde Vater.“ ///
Foto: Sebastian Dreher
WEITEREMPFEHLEN