Von Sebastian Dreher
„Damals in den 80er haben wir immer auf den Bänken hier am Marktplatz rumgelungert“, erinnert sich Frank. Die Bänke gibt es nicht mehr, für das Foto muss heute die Rathaustreppe als „Lieblingsbank“ herhalten. „Hier haben wir so manche witzige Aktion ausgeheckt.“ Etwa als die Truppe loszog, um die Aachener Brunnen mit Waschpulver vollzuschütten. Manchmal kam auch ein Kumpel mit einem Einkaufswagen voller geklauter Sachen angerannt – und der ganzen Belegschaft von Tengelmann im Schlepptau. „Im Grunde wie die Erstsemester heutzutage“, sinniert er und kramt allerlei Zeitungsartikel und Magazine aus aller Herren Länder hervor, die über seine Performances und DJ-Sets berichten.
Prostata-Kids
Mit zwölf Jahren hat Frank in seiner ersten Punkband gespielt (mit dem schönen Namen „Prostata Kids“), das war noch Mitte der 70er. Von seiner Familie hat er den Sinn für die Kunst, er selbst sieht sein Schaffen irgendwo zwischen den beiden Polen Kunst und Punk – oftmals nicht wirklich zu trennen. In Aachen kennt man ihn vor allem wegen seiner extravaganten Reihen, etwa die nach wie vor stattfindenden „Punkrock-Karaoke“- und „Kiek ma wie die Trulla tanzt“-Sausen oder die nicht mehr stattfindenden „Magen-Darm-Partys“. Hier hat Frank stark mit Provokation gespielt, ließ die Gäste rohes Fleisch oder Bohnen essen, um die später einsetzende Darmtätigkeit mit dem Mikro zu verstärken. Fiese Dekorationen, viel Dadaismus und noch viel mehr verrückte Einfälle der Gäste machten diese Events zu einem „ekligen Kindergeburtstag“, wie Frank es beschreibt.
Jack-Ass-Vorgänger
Bei der „Pimp up your look“-Reihe ließen sich Freiwillige umstylen – statt Kajal und Rouge wurden allerdings wasserfeste Eddings und Spraydosen benutzt. Natürlich durften auch die Haare abgeschnitten und schlechte Tattoos („Fick mich, ich bin dumm“) aufgemalt werden. „Na ja, so viele Leute gab es nicht, die da mitmachen wollten“, gibt er zu. Klar, im Zeitalter von „Jack Ass“ und dem „Dschungelcamp“ ist das nicht mehr so richtig außergewöhnlich – aber Frank ist kein Nostalgiker, er kann der neuen Zeit viel Gutes abgewinnen. „Durch das Internet werden wir abgestumpft und brauchen mehr absurden Humor als früher.“ So eine Aktion wie damals in London ist allerdings auch nach heutigen Maßstäben undenkbar: um auf die Gefahren von HIV hinzuweisen, hat er Leute mit dem Blut Infizierter bespritzt.
Bierfront
In seinem 1982 gegründeten Punk-Fanzine „Bierfront“, das fast bis in die Endphase als zusammengetackerte Zettelsammlung erschien, wurden durchaus aktuelle Themen behandelt. Neben Interviews mit bekannten Persönlichkeiten, etwa Christoph von „Die Sendung mit der Maus“, oder Artikel über Sonic Youth gab es auch eine Reihe mit dem US-amerikanischen Independent-Filmemacher Russ Meyer (etwa „Die Satansweiber von Tittfield“). Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel schien diese Interviews so interessant gefunden zu haben, dass es große Teile daraus ungefragt ins Heft übernommen hat. „Darauf hat uns Russ selbst aufmerksam gemacht“, erinnert sich Frank. „Er hatte sich nämlich gewundert, dass die Spiegel-Leute mit ihm nur ganz kurz gesprochen und später so ein großes Interview gebracht haben.“ ///
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