Liebe und Begierde in allen Varianten, Formen und Möglichkeiten zwischen Männern, zwischen Mann und Frau und zwischen Freunden werden vertanzt mit modernen Choreographien, die stark im Ausdruck sind: mal langsam, mal berauschend, verzweifelt bis panisch, dann glücklich.
Inspirieren ließen sich die Choreographen und Tänzer Massimo Gerardi und Emanuele Soavi von Shakespeares Sonetten. Vor allem von denen, die sich mit den Irrungen und Wirrungen einer Dreiecksbeziehung befassen. Können drei Menschen untereinander dieselbe Liebe für jeden einzelnen aufbringen? Ist ihr Verhalten selbstsüchtig? Wer würde für den anderen alles aufgeben? Dabei werden Shakespeares Gedanken und Ideen in ein schwarz-rotes 90er-Jahre-Design gebracht: eine unkonkrete, unpersönliche Wohnung, mit Schlaf- und Wohnzimmer und Küche.
Während des ganzen Stücks bauen die Tänzer durch Soli, Duette, Terzette
eine Spannung untereinander auf, die von der Musik und durch die Lichtinszenierung unterstütz wird. Nervtötend wummerndes Elektro-Rauschen, mit digitalen Störgeräuschen bis zu melodiöser Harfen-Experimentiermusik von Coco Rosie und barocker Tanzmusik.
Der Körper jedes einzelnen Tänzers wird zur Energiequelle. Sie treffen aufeinander, messen ihre Kräfte und verdeutlichen dem Publikum ihre Rolle in der Beziehung. So ist das erste Duett zwischen Massimo Gerardi und Emanuele Soav ein wilder animalischer
Paarungstanz. Mit fließenden Bewegungen und dem Tanz in seiner ursprünglichen Form, der beide Tänzer immer wieder auf den Boden zwing und die gesamte Fläche der Bühne einnimmt. Auch Lisa Gropp tanzt mit viel Ausdruck und Präsenz die leidenschaftliche Ich-Bezogene sowie die verwirrte Liebende. Besonders anmutig, aber immer noch modern und akzentuiert, wirkt sie beim großen Duett mit Emanuele Soavi, wo sich die Liebenden zu finden glauben. Hier vergisst der Betrachter dann für eine kleine Weile das schwere Thema
der Dreiecksbeziehung und Vergänglichkeit und betrachtet nur die beiden schwerelos Tanzenden. Auch wenn die drei gemeinsam tanzen und die beiden Männer an Lisa Gropp zerren, sie verrenken und sie durch die Luft werfen und heben, scheint ihnen die Rolle der Liebeskranken auf die Leiber geschnitten zu sein.
Schade war es, dass die Choreographen scheinbar der Meinung waren, dass in ein modernes Stück gänzliche Nacktheit an mindestens einer Stelle ein absolutes Muss ist. Der Zuschauer hätte, auch ohne dass die Tänzer ihre Hüllen fallen ließen, den Sinn und die Qualität des Stückes nicht verkannt. Mit Fair Friends zeigt die Tanzkompanie movingtheatre.de, die 2009 mit dem Kölner Tanzpreis ausgezeichnet wurde, ihre dritte Produktion in der Kammer des Theater Aachen. Das lyrische Tanzstück ist eine durchaus gelungene Inszenierung mit Humor und Ernsthaftigkeit an den passenden Stellen und wunderbaren Tanzstücken.
Text: Kira Wirtz
Foto: schmidt/bildautor.de
6., 7. und 23.11.
„Fair Friends // Shakespeares Sonette“
20 Uhr, Theater Aachen, Kammer
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