Von Christina Rinkens
Anarchie, Revolte, Explosion: Ab dem 24. März wird Friedrich Schillers Frühwerk „Die Räuber“ mit einer ordentlichen Portion Lit.-Rock auf der großen Bühne gezeigt. Im Vorgespräch erzählen Regisseurin Ewa Teilmans und die Aachener Band Katortz, wie aus Musikern Schauspieler werden, wieso gegen den Frühstoff Schillers jeder heutige Zombie-Streifen lächerlich wirkt und wie Robin Hood sich zum Terroristen wandelt.
Für Ewa Teilmans steht fest: „“Die Räuber“ können glaubwürdig nur mit viel Kraft und Brachialität auf die Bühne gebracht werden.“ Eine Live-Band sollte her. Am besten eine deutsche Rockband. Am besten aus Aachen. So kommt es, dass bei den Aufführungen von „Die Räuber“ ab Ende März nicht nur Schauspieler auf der großen Bühne des Theater Aachen stehen werden, sondern auch die Aachener Rockband Katortz.
„Ich saß gerade in Kroatien am Strand, da rief Ewa an“, erzählt Karsten Nordhausen, Bassist der Band. Nach bandinternen Absprachen ging dann alles sehr schnell: Das Crossover-Projekt wurde besiegelt, erste Gespräche fanden statt. „Beim zweiten Treffen gab’s schon Bier, es hat sofort gepasst“, witzelt Drummer Stefan Schwartz. Ewa Teilmans ist ganz begeistert über ihre Wahl-Band: „Katortz bringen eine beeindruckende Spiellust mit, sie sind tolle Musiker und supernette Menschen.“
Der freundschaftliche Umgang zeigt: Hier haben sich Regisseurin und Band gefunden. Weiterer Pluspunkt: „Sie bringen auch eine enorme Bühnenpräsenz mit.“ Denn die Band ist nicht nur für die musikalischen Parts zuständig – fünf Songs wurden dem Katortz-Sound entsprechend konzipiert –, auch schauspielerisch werden sie gefordert. „Wir haben mehr Sprechszenen als anfangs fest stand“, erzählt Stefan Schwartz. „Aber das Auswendiglernen geht schneller als man denkt. Ich war schon immer ein Schiller-Fan, jetzt laufe ich durch das Haus und sage die Sprech-Chöre auf. Das macht einen Heidenspaß.“
Ewa Teilmans wird das frühe Werk Schillers um die zwei gegensätzlichen Brüder Karl und Franz als großes Ensemblespiel auf die Bühne bringen. Neben den drei Mitgliedern von Katortz, spielen 13 Schauspieler des Theaters mit. Das Bühnenbild von Oliver Brendel mit einer kontinuierlichen Steigung von zehn Prozent und einer Schienenverbindung zwischen Unterwelt und Schloss gestaltet sich dabei durchaus anspruchsvoll für die (Neu-)Schauspieler. Eine weitere Herausforderung, der die Band entspannt gegenübersteht.
Vor allem Ewa Teilmans Erfahrung und Professionalität mache die Zusammenarbeit so entspannt und spannend zugleich. Inhaltlich kann vom entspannten Miteinander nicht die Rede sein. „Ein Haufen junger Leute, die das Schloss anzünden und sich danach zurück in den Schoss des gestürzten Vaters sehnen“, fasst Ewa Teilmans zusammen. „Es wird gemordet und in die Luft gesprengt, nur um am Ende furchtbar zu scheitern.“ Apokalyptische Zustände also.
„Jeder Zombie-Streifen ist gegen den Stoff lächerlich“, fügt die Band an. Wie Regisseurin Ewa Teilmans sehen auch sie die beunruhigende Aktualität der Handlung. „Sich in einer Robin Hood-Manier wähnend, wird die Hauptfigur Karl letztlich zum Terroristen.“ Eine Parallele sieht Teilmans bei Teilen der Proteste um den G20-Gipfel in Hamburg im Juli 2017. Ein in den Sozialen Medien bekannt gewordenes Foto eines Teilnehmers ist ihr besonders in Erinnerung geblieben. Auf diesem wurden die Klamotten des jungen, Steine werfenden Mannes mit Preisschildern versehen, die eine rege Teilnahme am kapitalistischen Lebensstil vermuten lassen. „Vermutlich nicht linksautonom und ohne eigene Ideen, hat dieser junge Mann sich nur angeschlossen, um zu rebellieren.“ Stefan Schwartz verweist in diesem Sinne auf seinen favorisierten Ausruf aus „Die Räuber“: „Pfui! Pfui über das schlappe Kastratenjahrhundert.“
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