Die Entscheidung fiel 24 Stunden nach der Auflösung des Landtags. Unentwegt piepsten eingehende SMS auf Daniela Jansens Handy, ihr Mail-Postfach füllte sich und viele Genossen riefen direkt an, um es ihr persönlich zu sagen: „Mensch, Du solltest das machen!“ Daniela beriet sich abends mit Björn, ihrem Mann, SPD-Genossen und Bürgermeister, und sagte: ja. Kurz und bündig. Und rund zwei Wochen später verteilte sie am Ostersamstagmorgen am Sandkasten auf dem Aachener Neumarkt rote Ostereier mit SPD-Aufklebern. Ganz pragmatisch: „Hallo! Ich bin Daniela Jansen und Sie können mich in den Landtag wählen!“ So schnell kann’s gehen. Unerwartet war es allerdings nicht.
Für Integration und faire Löhne
Denn Daniela Jansen ist ein bekanntes Gesicht in der Partei und hat sich den Status „Hoffnungsträgerin“ in den vergangenen Jahren konsequent erarbeitet. Angefangen als Wahlkampfhelferin für die SPD bei der Kommunalwahl 2004 durchlief sie bis zum Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen diverse Gremien, verteilte Flyer und bestückte Info-Stände und arbeitete unter anderem im Landtagsbüro von Karl Schultheis. Als sachkundige Bürgerin sitzt sie für die SPD im Betriebsausschuss Kultur.
Daniela Jansen ist hervorragend vernetzt – das hat ihr bei der Kandidatenkür ebenso geholfen wie ihre „Realo“-Ansichten. In der Aachener SPD wünschte man sich für die Landtagswahl Bodenhaftung.
Im Job, als Projektmanagerin bei der Regionalagentur, hat sie sich ein breites Expertenwissen zu bildungs- und arbeitsmarktpolitischen Themen angeeignet. Und hier setzt sie für sich auch die landespolitischen Schwerpunkte: „Es gibt zwar eine Vielzahl von Förderinstrumenten und Bildungsprogrammen, aber davon profitieren zu wenige.“ Langzeitarbeitslose beispielsweise oder Behinderte, hier müsse die Integration vorangetrieben werden. Und für faire Löhne will die Mutter von 4-jährigen Zwillingen und überzeugte Protestantin kämpfen, insbesondere für Frauen.
Lektionen in Sachen Gesellschaftskunde
Jansens Familienstammbuch ist astrein sozialdemokratisch. Sie selbst findet das allerdings nicht erwähnenswert, weil zu Klischee behaftet. Als Daniela noch Bloscheck mit Nachnamen hieß, deutete vieles auf eine Karriere im Journalismus hin. Früh schrieb sie für die Schülerzeitung ihres Gymnasiums in Neubeckum, Kreis Warendorf. Allerdings nicht über Pausenhofgetratsche, sondern über den Krieg in Jugoslawien. Als Elfjährige erstaunte sie die Sekretärinnen im Büro ihres Opas, als sie ein Bild mit dem Tauben-Logo von Amnesty International malte, auf dem zwei Aktivisten einem Verfolgten zu Hilfe eilten. Sprechblase: „Lasst ihn in Ruhe!“
Von der Mutter, die sich immer sorgte, ob die vielen Bücher wirklich gut für ihre Tochter seien, habe sie die Disziplin. Ihr Vater – wegen Gerhard Schröder aus der Partei ausgetreten – habe ihr beigebracht, immer zur eigenen Meinung zu stehen. Den „wahren Sozi-Schliff“, den Gemeinschaftssinn, den hat Daniela aber als Jugendliche wohl durch ihre Oma entwickelt, die in Warendorf das Jugendbildungswerk der AWO aufgebaut hat. Die Ferienfahrten der AWO waren für das junge Mädchen die ersten Lektionen in Sachen Gesellschaftskunde. „Da habe ich gelernt, dass für viele Gleichaltrige die Welt wirklich anders aussah: ärmer, trauriger, mit wenigen Perspektiven“, sagt Daniela Jansen heute. Damals habe sie auch zum ersten Mal diesen Groll empfunden, wenn ihr Ungerechtigkeiten begegneten.
„Weil ich Politik am besten kann“
Nach ihrem Studium der Politik-, Sozial- und Medienwissenschaften in Düsseldorf zog Daniela zu ihrem Freund Björn nach Aachen und arbeitete zunächst auch als freie Journalistin für Radio und Zeitung; später ging sie als Referentin für Integrationsfragen und Öffentlichkeitsarbeit zur Regionalagentur.
Und jetzt also der Turbo-Wahlkampf. Warum? „Weil ich entdeckt habe, dass ich Politik am besten kann. Ich kann moderieren, ich kann Strukturen durchschauen und das Beste für den Menschen rausholen.“ Bei H&M hat sie sich eine rote Sommerjacke gekauft, damit es da einen Wiedererkennungseffekt gibt, wenn sie in der Fußgängerzone die Menschen anspricht. Die Tage sind kurz: morgens Info-Stand am Bahnhof Rothe Erde, Besuch in der OT Josefshaus, Diskussion bei der Alevitischen Gemeinde, um halb fünf Kinder von der Kita abholen, dann abends noch ein Termin. In ihrer Tasche hat sie Blasenpflaster und Ersatzschuhe. Eben pragmatisch. „Ja“, sagt Daniela Jansen, „das ist auch eine meiner Stärken.“ /// Lutz Bernhardt
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