Von Sebastian Dreher
Hört man nach Feierabend eigentlich noch Musik, wenn man doch beruflich mit nichts anderem zu tun hat? „Na klar“, betont Kazem Abdullah, ab August neuer Generalmusikdirektor von Aachen. „R’n’B und Jazz, aber auch die Beatles. Und Whitney Houston! Kennen Sie den Film auf Youtube, wo Pavarotti, Sting und Whitney zusammen ‚La donna è mobile‘ singen?“ Der US-Amerikaner muss sein bis dahin überraschend gutes Deutsch erst wieder zusammensammeln, so hat ihn die Begeisterung gepackt.
Wenn Kazem Abdullah zu Beginn der neuen Spielzeit in die Fußstapfen seines Vorgängers Marcus Bosch tritt, tut er das nicht als unbeschriebenes Blatt. Den Dirigenten und ausgebildeten Klarinettisten führten in den letzten Jahren Engagements rund um den Erdball. Bevor er als so genannter „Freelancer“ umherzog, war er an der Metropolitan Opera in New York Assistent von Musikdirektor James Levine.
Mit Mozart hat alles angefangen
Angefangen hat alles in der Schule, einer ganz normalen „public school“ in Indianapolis. Im Musikunterricht fiel seine Wahl auf die Klarinette, ein Konzertbesuch im nahen Chicago öffnete ihm die Augen. „Nachdem ich Mozart gehört hatte, wollte ich immer mehr musikalische Literatur kennenlernen“, erinnert sich der 32-Jährige. Sommercamps im „Interlochen Center for the Arts“ in Michigan, Klavierunterricht, Jugendorchester – Abdullah hat jede Möglichkeit genutzt, weiter voranzukommen.
Zu seinem ersten Dirigat kam er rein zufällig – weil der eigentliche Dirigent nicht kam. „Danach wusste ich, dass ich hinter dem Pult stehen wollte“, sagt Abdullah.
Dem Aachener Publikum wird sich der neue GMD zum ersten Mal bei den Kurpark Classix am 24. August stellen, bei der „Night at the opera“ stehen unter anderem Werke von Mozart, Verdi und Rossini stehen dort auf dem Programm.
Debüt im September: Carmen
In seiner ersten Spielzeit will Abdullah die ganze Bandbreite der klassischen Musik präsentieren und damit auch die Vielseitigkeit des Sinfonieorchester Aachen, das stilistisch im Barock genauso zu Hause ist wie in der zeitgenössischen Musik. Mit neuen Formaten, wie etwa „Einsteins Musicbox“ möchte sich Kazem Abdullah besonders auch an die Studenten wenden und sie für die klassische Musik begeistern.
Sein Debüt im Musiktheater gibt er am 16. September mit Georges Bizets „Carmen“, sein erstes Sinfoniekonzert folgt im Oktober mit Werken von Johannes Brahms, Anton Webern und Antonin Dvorák. Wegweisend für die gesamte Spielzeit wird die Beschäftigung mit Dvorák und der Zweiten Wiener Schule sein.
Mittlerweile ist seine Tätigkeit als Klarinettist berufsbedingt etwas ins Hintertreffen geraten.
Aber auch seine Instrumentalität will er den Aachenern nicht vorenthalten. „Ich plane, beim letzten Kammerkonzert selbst zu spielen“, verrät er. „Ich freue mich darauf, denn so kann ich die Kollegen mal auf Musikerebene kennenlernen.“ ///
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