Von Peter Hoch
Der Hambacher Forst ist inzwischen bei Umweltschützern weltweit ein Symbol für den Kampf gegen den Klimawandel und den Braunkohleabbau geworden. Zuletzt hatte die jugendliche „Fridays for Future“-Gründerin Greta Thunberg den populären, wenn auch obskuren Medienpreis „Goldene Kamera“, der ihr im März in Berlin verliehen wurde, den Wald-Aktivisten im Rhein-Erft-Kreis gewidmet und zur Beteiligung an einer europaweiten Schüler-Großdemo in Aachen aufgerufen (siehe rechts).
In Sachen Protest ist das aber nur die aktuelle Spitze des schmelzenden Eisbergs, den es für kommende Generationen zu retten gilt. Und für die Doku „Die rote Linie“, die die Regisseurin und Journalistin Karin de Miguel Wessendorf und ihr Produzent, der renommierte Dokumentarfilmer Valentin Thurn, nun in die Kinos bringen, spielt es auch noch keine Rolle. Vielmehr skizzieren die Filmemacher, was sich seit 2015 in den Tagebaugebieten Hambach und Garzweiler ereignet hat und lassen Betroffene und Entschlossene zu Wort kommen.
Da wäre etwa der Baumhausbewohner Clumsy, der an vorderster Front im Hambacher Wald lebt und seine Position erklärt. Oder Lars Zimmer, der für Garzweiler II umsiedeln soll, seine Heimat aber eigentlich nicht verlassen will und erleben muss, wie „sein“ Immerather Dom abgerissen wird. Wichtigste Protagonisten neben diesen beiden sind der Naturführer Michael Zobel, der Interessierten zunächst nur das Ökogefüge des zerbaggerten Forsts erklärt und später wortgewandt öffentliche Reden hält, sowie Antje Grothus aus Buir, die eine Bürgerinitiative für den Erhalt der Lebensqualität im Dorf gründet und schließlich in die Kohlekommission der Bundesregierung einberufen wird.
Aufgefüllt wird das filmische Infopaket durch Vor-Ort-Aufnahmen sowie Einsprengsel aus Nachrichtensendungen zu bedeutsamen Stationen der letzten vier Jahre Kohleausstiegskampf: von der Pariser Weltklimakonferenz 2015 über Waldräum-aktionen der Polizei und den Unfalltod eines Baumhaus-Bloggers bis hin zur Demo „Wald retten – Kohle stoppen“ mit zehntausenden Teilnehmern im Herbst letzten Jahres. Die Gegenpositionen von RWE-Mitarbeitern, die um ihre Arbeitsplätze bangen, oder von Wissenschaftlern, die den Klimaschutz zwar notwendig finden, das Gezeter um ein paar Bäume aber als symbolträchtige Energieverschwendung abtun, kommen leider kaum beziehungsweise nicht vor. Trotz dieser eindeutigen Positionierung ist „Die rote Linie“ aber ein sehenswerter Film, der einen soliden „Was bisher geschah“-Überblick verschafft. \
„Die rote Linie – Widerstand im Hambacher Forst“
D 2019 // R: Karin de Miguel Wessendorf
Start: 23.5. | 115 Minuten | FSK noch offen
Terminagenda
Am 26. Mai um 18 Uhr gibt es im Apollo eine Sondervorstellung von „Die rote Linie“ mit der Regisseurin und weiteren Gästen, die im Anschluss Fragen des Publikums beantworten werden. Vom 19. bis zum 24. Juni heißt es dann wieder „Ende Gelände“ – im Rahmen dieser Aktionswoche im rheinischen Braunkohlerevier soll am 21. Juni auch die Schu?lerdemo „Fridays for Future“ am Aachener Elisenbrunnen stattfinden. \
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