Viel unterschiedlicher können Menschen nicht sein: der eine politisches CDU-Schwergewicht und langjähriger Oberbürgermeister von Aachen (1973 bis 1989), eloquent, selbstsicher und gewohnt, stets im Mittelpunkt zu stehen. Der andere öffentlichkeitsscheu, zwar auch Akademiker, jedoch sicherlich nicht dem konservativen Lager zuzuordnen, im Gegenteil, ein linker Kämpfer, der die Fragen stellt, die seiner Generation auf den Nägeln brennen. Im Stillen. Auf seine Art. Und doch haben sich Kurt Malangrés und Klaus Paiers Lebenswege mindestens zweimal berührt.
Zum ersten Kontakt kam es in den frühen Siebzigerjahren, als der künstlerisch begabte Physikstudent Paier zu nachtschlafender Zeit seinem liebsten Hobby nachging: der Malerei. Oder wie manch anderer damals sagte: der Sachbeschädigung. Denn als solche wurde seine Arbeit an abseitig stehenden Hauswänden und Mauerresten damals gesehen. Nicht viele seiner Gemälde sind bis heute erhalten, einige wurden nur Tage nach ihrer Entstehung entfernt, andere sind verblasst, verbaut, zugewuchert. „Ich habe mich oft gefragt, ob mir damals nicht etwas entgangen ist“, resümiert der Ex-OB heute. Das genaue Datum weiß er nicht mehr, doch es muss noch zu seiner Amtszeit gewesen sein, als er einen Ratsantrag gestellt hat, der klären sollte, ob es sich bei den Bildern um echte Kunst handelt. Behandelt wurde dieser leider nie. So mussten noch mal mehr als 20 Jahre ins Land gehen, bis Klaus Paier die Würdigung bekommt, die er verdient. Allerdings Posthum, vor fast genau zwei Jahren ist er in Köln gestorben.
Heute befasst sich Malangré wieder mit Klaus Paier. Und dieses Mal weiß er die Qualitäten des Mauermalers zu schätzen. „Vielleicht habe ich etwas gutzumachen, wer weiß.“ Der ehemalig oberste Bürger Aachens möchte den verfemten Künstler rehabilitieren, hat sich für seinen Denkmalschutz eingesetzt und unterstützt die Ausstellung seiner Werke.
Denn auch wenn viele der Bilder verschwunden sind, sind sie doch fotografisch dokumentiert worden. Regina Weinkauf hat das Schaffen Paiers von der ersten Stunde an verfolgt. „Das waren ja unsere Themen damals: der Krieg, die Nazi-Vergangenheit, Atomkraft.“ Sobald sie von einem neuen Bild hörte, ist die Hobbyfotografin losgezogen, um ein Foto zu machen. „Leider habe ich nicht alle knipsen können.“ Doch bereits das, was sie hat, ist Gold wert. Wichtige Momentaufnahmen einer höchst vergänglichen Kunst, der wie kaum einer anderen das Anarchische und Verbotene anhaftet.
„Wir wissen noch viel zu wenig über Paier“, sagt Weinkauf. „Wir wollen weiterforschen und haben bereits mit seinem Bruder und einem ehemaligen Klassenkameraden Kontakt aufgenommen.“ Zu viele Jahre seien ohne öffentliche Aufmerksamkeit vergangen, zu viele Werke zerstört. „Die Zeit ist reif für ihn.“
Sebastian Dreher
12.8.
„Denkmalgeschützt!“ – Mauerbilder des Aachener Wandmalers Klaus Paier. Fotografien von Regina Weinkauf.
(Eröffnung)
19 Uhr, Café Kittel
Begrüßung: Kurt Malangré
Einführung: Prof. Dr. Wolfgang Becker
12.8. - 31.10.
„Denkmalgeschützt!“ – Mauerbilder des Aachener Wandmalers Klaus Paier. Fotografien von Regina Weinkauf.
Café Kittel
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