Ich erinnere mich noch gut an die Besuche bei meinen Großeltern, Josephine und Gottfried Lesmeister, im Tabakladen: Meine Oma kam um zehn mit dem zweiten Frühstück nach unten in das Büroräumchen hinter der Ladentheke, mit Kaffee, Käse und frischem Brot. Den Geruch habe ich heute noch in der Nase. In der Bürowand war ein kleines Loch, durch das ich zusammen mit meiner Schwester unbemerkt die Kunden beobachten konnte. Das war eine schöne Zeit. Wir hatten immer viel Spaß. In der Stube über dem Laden war das Wohnzimmer meiner Großeltern – heute finden hier unsere Weinseminare statt.
Als mein Großvater verstarb, hat mein Vater Joseph den Laden für seinen Weinhandel umgebaut und 1989 als Weinhaus Lesmeister eröffnet. Da war ich 22 Jahre alt, hatte eine kaufmännische Ausbildung gemacht, im Baubereich gearbeitet und absolvierte gerade Wehrdienst. Das Weingeschäft wuchs schnell, die ersten Großkunden kamen – also hat mein Vater mich gefragt, ob ich Interesse hätte, miteinzusteigen. Das war 1992. Ich habe dann Seminare besucht, war bei verschiedenen Winzern, habe mit ihnen die Weinernte gemacht. Das ist auch heute noch unser Aushängeschild: der direkte Kontakt zu den Winzern. In den Osterferien waren wir in Südfrankreich, über Karneval in Toledo La Mancha. Dort habe ich zwei eigene Cuvées kreiert, die jetzt – angelehnt an meinen Vornamen Hans – als Juan und Juanito ganz frisch in den Laden gekommen sind.
Unser Programm ist über die Jahre gewachsen. Heute wird vieles vom Schreibtisch aus gemacht – das liegt auch an den Mengen, die wir heute einkaufen. In den Anfangsjahren sind mein Vater und ich noch mit dem LKW durch Frankreich gefahren, durch das Elsass, Burgund und die Champagne, und haben von Winzer zu Winzer eingekauft, den Wein aufgeladen und sind mit einem vollgepackten Wagen zurückgefahren – völlig überladen!
Wir haben auch einige Produkte, die wir mitentwickelt haben. Etwa den Charlies Gin, zusammen mit der Aachener Destillerie Wilhelmi. Im Moment herrscht ja ein regelrechter Gin-Hype. Ein echter Erfolg ist aber vor allem unser Aachener Domsekt, den es jetzt schon seit 25 Jahren gibt. Von jeder Flasche geht eine Spende an den Aachener Dom, ebenso von unserem Champagne Cuvée des Cathédrales de Sacre. Schon über 85.000 Euro sind so für den Dom zusammengekommen. Im vergangenen Jahr überreichten wir einen Scheck über 8.000 Euro: Der Dompropst hat sich in einem handgeschriebenen Brief für das Engagement bedankt. Das bestärkt mich darin, genau so weiterzumachen.
Mein Sohn ist erst acht Jahre alt, ob er das Geschäft mal übernimmt, ist natürlich schwer zu sagen. Aber es wäre schön, wenn zumindest das Haus in der Familie bleibt – das wäre dann schon die sechste Generation. \ an
Weinhaus Lesmeister
Pontstraße 60
Öffnungszeiten
Montag bis Freitag: 10 bis 19 Uhr, Samstag: 10 bis 17 Uhr
Homepage - Weinhaus Lesmeister
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