Von Luca Mariaux
Das gemischte Programm mit rund 100 Acts verleiht Experimental- und Tanzmusik einen entspannten Rahmen. Der Sound der Großstadt trifft auf Naturnähe und regionale Verbundenheit. Spätestens seit 1999 wissen Veranstalter, dass die kulturelle Nutzung ehemaliger Schlachthöfe durchaus problematisch sein kann: Damals hatte Pop-enfant-terrible und Tierschutzaktivist Morrissey sein Konzert in Dresden spontan abgesagt, nachdem er von der ursprünglichen Nutzung des Gebäudes erfahren hatte.
Zum Glück würde der eigenwillige Brite nicht ins Konzept des Meakusma-Kollektivs passen, das momentan zum zweiten Mal ihr gleichnamiges Festival im und um das Kulturzentrum Alter Schlachthof in Eupen vorbereitet. Die Verweigerung, sich an der Kommerzialisierung und den Materialschlachten der populären Festivals zu messen, ist 2017 kein Alleinstellungsmerkmal. Trotzdem trägt das Konzept die Handschrift seiner nicht unerfahrenen Veranstalter.
Michael Kreitz und Christophe Hoyon sind beide aus der Region, die sich neuerdings Ostbelgien labelt, haben dann in Brüssel jahrelang Partys veranstaltet, später auch als eigenes Label Musik veröffentlicht, bis es sie zurück ins deutschsprachige Eupen gezogen hat. Dort haben sie einen weiteren Mitstreiter ins Boot geholt, David Langela, der im Gespräch versucht, das Modell Meakusma herunterzubrechen: „Hier gibt es keine Reizüberflutung, wenn überhaupt, dann punktuell durch Musik“.
Auch in diesem Jahr liegt der Schwerpunkt wieder auf dem Musikprogramm, welches schon für sich genommen ausreichen würde, um Fans auch aus entfernteren Ländern anzuziehen. In Partnerschaft mit dem Brüsseler Goethe-Institut, der Kölner reiheM, Dublab Radio und Les Atelier Claus wird vor allem eine bunte Mischung aus Spielarten der elektroakustischen Avantgarde geboten, um nur einige zu nennen: Sun Araw, Claire M. Singer, Axel Dörner, Jace Clayton (DJ/rupture), Huerco S., Masayoshi Fujita & Jan Jelinek. Als er auf den experimentellen Ansatz des Programms angesprochen wird, betont Langela: „Man muss nicht der totale Nerd sein, um eine gute Zeit zu haben“.
Denn für Liebhaber der Tanzmusik hält das Lineup unter anderem Ben UFO bereit, der dieses Jahr eine ganze Stage in Eigenregie kuratiert und sich Detroit-Techno-Legende DJ Stingray eingeladen hat. Dem Neuen gegenüber aufgeschlossen zu sein, ist aber sicherlich nicht verkehrt. Auf und abseits der nunmehr acht Bühnen wird es erneut ein breit aufgestelltes Rahmenprogramm aus Lesungen, Diskussionsveranstaltungen, bildender Kunst und mehr geben.
Dabei spielen die örtlichen Begebenheiten, Natur und Kultur, eine wichtige Rolle: Man macht sich die besondere Akustik der engeren Straßen zunutze, wird mit Essen aus der Region versorgt und mit ein wenig Glück besteht außerdem die Möglichkeit, sich von einem Wildhüter das Balzgebahren der ostbelgischen Hirsche näherbringen zu lassen. David Helbich hat auch dieses Jahr einen Audioguide vorbereitet, der bei einem ausgiebigen Spaziergang gehört werden soll. Langela: „Es ist ein Festival, was auch davon lebt, dass die Besucher einen gewissen Komfort haben, dass es keinen Stress gibt.“ \
8.-10.9.
„Meakusma“-Festival
Alter Schlachthof, Eupen
www.meakusma-festival.be
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