Gut, Warteschlangen bilden sich bei 30°C im Schatten vor fast allen Eisläden der Stadt, aber dieser kleine, unscheinbare Laden im Ostviertel ist etwas ganz Besonderes. Benannt nach dem ursprünglichen Besitzer Willi Delzepich (1934-2006), ist „Delzepich“ oder kurz „Delze“ so etwas wie ein Code für Öcher und Ex-Öcher. Jeder, der in Aachen lebt oder irgendwann hier gelebt hat, kennt Delzepich.
Franz-Josef Portz ist nun seit 10 Jahren „Eisdealer“, 2005 hat der ehemalige Fahrlehrer das Geschäft von Mario Guedes übernommen, der den Laden weiterführte, als Willi Delzepich 1995 krankheitsbedingt in den Ruhestand ging. Noch während der Umbauarbeiten stand plötzlich Willi Delzepich in der Tür – mit Schaum vor dem Mund aus Sorge, dass die traditionelle Milcheisherstellung nicht beibehalten wird. „Nach 5 Minuten hat er sich beruhigt und wir waren per Du. Im ersten Jahr habe ich von Willi alles gelernt, was es zur Herstellung des berühmten Delzepich-Eis braucht, das war keine einfache Zeit, denn er stand immer neben mir.“ sagt Franz-Josef Portz rückblickend.
Delzepich-Eis expandiert
Jetzt – 70 Jahre nach der Eröffnung des Milchladens – expandiert Delzepich: Portz eröffnet einen zweiten Laden an der Ecke Adalbertsteinweg/Bismarckstraße: gleiches Haus, -gleiche Adresse, gleiche Ware. Wer eine marktgerechte Sortimentserweiterung oder gar Franchise-Überlegungen erwartet, liegt falsch – auch hier gibt es keine gemütliche -Sitzecke, keinen Latte macchiato mit Sojamilch oder Schlumpfeis. Franz-Josef Portz bleibt sich treu: In der Sommersaison steht er jeden Tag in der Eisküche und kocht frische Vollmilch mit Früchten oder Gewürzen, bevor der Eismix in die Eismaschinen kommt.
„Die guten, alten Boku-Maschinen laufen im Sommer auf Hochtouren, da braucht es Erfahrung, den richtigen Moment abzupassen, um das Eis in der perfekten Konsistenz herauszuholen,“ erklärt Portz, der als ehemaliger Werkzeugmacher auch kleinere Reparaturen an seinen Boku-Oldtimer ausführen kann. „Das ist doch das Erfolgsrezept von Delzepich: Alte Rezepte, alte Technik! Wenn ich nur den Tagesbedarf herstelle und zum Beispiel reife Bananen verwende, ist das billiger als industrielle Fruchtpaste zu kaufen.“ Das bedeutet auch, dass am späten Nachmittag meist die Tagesproduktion ausverkauft ist, dann schließt der kleine Laden und das Schild mit dem Hinweis „Alle, alle, nix mehr da!“ wird ins Fenster gehängt. Jeden Tag um Punkt 12 Uhr wird mit dem Aufhängen des Eis-Fähnchens der nächste Delzepich-Tag eingeläutet und innerhalb von Minuten -bildet sich die erste Schlange vor der Tür.
Kultstatus bleibt
Der neue Laden sorgt schon vor der Eröffnung für Furore, fast jeder Fußgänger bleibt kurz stehen und schaut in die großen Schaufenster, die schon mit nostalgischen Küchengeräten dekoriert sind. Ein paar bauliche Maßnahmen sind noch nötig, um den neuen Raum mit der Eisküche zu verbinden.
Da kommt ein kurzer Besuch von Hausbesitzerin Käthe Schoenen (86) gerade recht, um bei einem leckeren Erdbeer-Shake ein bißchen in der Historie zu kramen: Sie führte hier von 1968 bis 1985 ein Blumengeschäft, zu der Zeit war Delzepich längst eine feste Institution. „Willi hätte Spaß, wenn er das jetzt sehen könnte.“ urteilt Käthe Schoenen abschließend zur neuen Nutzung ihres alten Blumenladens als Eisdiele, trinkt den Erdbeer-Shake in einem Zug aus und sagt zufrieden: „Der ist echt lecker!“ \ bep
Delzepich
Adalbertsteinweg 236
täglich ab 12 Uhr
Kinder-Eis
50 Cent
normale Portion
70 Cent
Spaghetti-Eis
3 Euro
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