Eine Zahnbürste, eine Pritsche. Sonst nix. Zwei Quadratmeter, auf denen sich alles abspielt: schlafen, wohnen, Kinder versorgen, leben. In Hongkong wohnen ca. 100.000 Menschen in Käfigen, davon rund 20.000 Kinder. Gestapelt, neben, unter und über hunderten anderen Menschen, manchmal in Elendsvierteln, meist aber inmitten vom Glitzer und Rausch der Großstadt. Umgerechnet ca. 120 Euro kostet ein Platz im Käfig im Monat, Hauseigentümer schlagen Kapital aus den „Cage People“, indem sie ihnen Käfige in Hochhausetagen vermieten. Je mehr pro Etage, desto höher die Gewinne.
Es sind oft alte und alleinstehende Leute, die dort wohnen, oft Jahrzehnte lang. Aber auch für arme Arbeiter sind oft Käfige die einzige Alternative. „Günstige Wohnungen außerhalb der Stadt kommen wegen der Fahrtkosten zum Arbeitsplatz nicht infrage und in Hongkongs Zentrum kostet eine Einzimmerwohnung umgerechnet rund 1.200 Euro“, fasst Elisabeth Strohscheidt von Misereor das Dilemma der Armen in Hongkong zusammen.
Die „Käfigmenschen“ von Hongkong sind ein erschreckendes Beispiel für die Folgen der Urbanisierung. Die Armut auf der Welt steigt überproportional zur wachsenden Stadtbevölkerung an. Misereor und die Partnerorganisation SoCo, die Society for Community Organization, setzen sich seit über 20 Jahren für die Menschen im Käfig ein.
Langfristiges Ziel ist es, den Gouverneur von Hongkong davon zu überzeugen, dass die Käfige abgeschafft und andere Wohnlösungen auch für arme Menschen bereitgestellt werden müssen. Von SoCo selbst und von Misereor werden Unterschriften gesammelt, die dieses Ziel unterstützen. SoCo bietet den Cage People rechtlichen Beistand, soziale und psychologische Betreuung. „In den letzten Jahren konnte SoCo Erfolge verzeichnen, die Zahl der Käfigbewohner ist um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Aber man befürchtet, dass die Finanzkrise wieder einen Anstieg nach sich zieht“, so Strohscheidt.
Vier Fotografen waren in Hongkong unterwegs und haben die „Cage People“ getroffen, sich mit ihnen unterhalten und in ihrem Zuhause fotografiert. 16 große Banner zeigen diese Fotos in einer Installation, die das beengte Wohnen vor Augen führt. Für die Ausstellung haben SoCo und Misereor einen Käfig aus Hongkongs Stadtteil Kowloon nach Deutschland gebracht. Neben den Fotos und Installationen bietet die Wanderausstellung viele Infos rund um das Leiden der Käfigmenschen. Strohscheidt hofft, dass viele Besucher kommen und sich mit ihrer Unterschrift gegen das Wohnen in Käfigen einsetzen. Die Ausstellung ist eine Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei Düren. Im Frühjahr soll die Ausstellung auch in Aachen zu sehen sein.
Foto: Leung Yiu Wing
bis 6.1.
„Daheim auf 2 qm — vom Leben im Käfig“
Mo-Fr. 8 bis 12 Uhr, Do. 14 bis 17 Uhr,
Rathaus, Düren
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