Von Peter Hoch
Schweden in den 1920ern: Astrid Ericsson lebt gemeinsam mit ihrer Familie, darunter drei Geschwistern, auf einem Hof nahe der Kleinstadt Vimmerby. Die Eltern sind streng, aber vor allem der Vater trotzdem liebevoll und anspornend, auch als die schriftstellerisch begabte 17-Jährige ein Praktikum bei der örtlichen Lokalzeitung antritt.
Als sie sich dort in den von seiner Frau entfremdeten, aber noch verheirateten Herausgeber Reinhold Blomberg verliebt und schließlich sogar ein Kind von ihm erwartet, soll das jedoch nicht bekannt werden – nicht zuletzt, weil der Hof der Ericssons der Kirche gehört und ein solcher Skandal fatale Folgen hätte. Blomberg unterstützt Astrid zwar finanziell wie emotional und plant eine gemeinsame Zukunft mit ihr, sobald seine Scheidung durch ist. Aufgrund der Umstände soll ihr Kind aber geheim in Dänemark geboren werden und zunächst bei einer Pflegemutter aufwachsen. Nur selten kann Astrid den Jungen besuchen und mit voranschreitender Zeit zweifelt sie immer mehr daran, ob sie dem kleinen Lasse überhaupt irgendwann eine Mutter sein kann.
Diese Astrid, die der sehenswerte Film von Regisseurin Pernille Fischer Christensen porträtiert, ist die weltberühmte Schriftstellerin Astrid Lindgren. Das Biopic-Drama streift deren literarische Verdienste allerdings nur am Rande, wenn es die Protagonistin gelegentlich als hochbetagte Dame von hinten zeigt und im Off Briefe von Kindern vorgelesen werden, die sich für ihre wunderbaren Bücher und Figuren bedanken. Pippi, Michel und all die anderen von ihr ersonnenen Charaktere werden aber nicht erwähnt, erfand sie diese doch erst lange nachdem die Handlung des Films endet.
Stattdessen erfährt man, wie Lindgrens Erfahrungen als blutjunge Erwachsene sie maßgeblich prägten und in ihrem späteren Werk Spuren hinterließen, wobei die Welt von den Einzelheiten erst 2007, fünf Jahre nach ihrem Tod erfuhr. Alba August spielt die junge Mutter als zutiefst menschliche, starke, freiheitsliebende Frau, die nicht frei von Sorge und Trauer, aber mit jeder Menge Lebensfreude, Fantasie, Humor und Sensibilität gesegnet ist. Eingebettet in Bilder, die viel schwedisches Zeitkolorit einfangen, ist vor allem dank der einnehmenden, sympathischen Hauptdarstellerin ein Film entstanden, der zwar recht konventionell erzählt ist, aber erhellend und emotional Licht ins Dunkel der frühen Jahre der wohl bedeutendsten Kinder- und Jugendbuchautorin aller Zeiten bringt. \
„Astrid“
S/DK 2018 // R: Pernille Fischer Christensen
Start: 6.12. | 123 Minuten | FSK 6
Astrid Lindgren
… war mit circa 180 Millionen verkauften Büchern eine der erfolgreichsten Kinderbuchautorinnen der Welt. Aus ihrer Feder stammen Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Kalle Blomquist, Lotta, Rasmus, Karlsson vom Dach, Ronja Räubertochter, Madita, Mio und viele mehr – rund 90 Bücher schrieb sie insgesamt. Bis zu ihrem Tod setzte sich die vielfach preisgekrönte Autorin engagiert für Kinderrechte und den Tierschutz ein. \
Bewertung der redaktion
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