Es ist die alte, ganz alte Geschichte: Wenn sich eine „Supergroup“ zusammentut, dann muss eine Geschichte her. Zum Warum, zum Wie und allem zum Warum-erst-jetzt? In diesem Falle geht sie so. Der norwegische Trompeter und Klangforscher Nils Petter Molvaer, Jahrgang 1960, hat – wie so ziemlich jeder andere seines Jahrgangs – früh von den Künsten der jamaikanischen Riddim Twins Robbie Shakespeare und Sly Dunbar geschwärmt.
Kein Wunder, denn das Duo hatte in den 1970er- und 1980er-Jahren als Musiker und auch als Produzenten überall die Finger drin, wo gerade der heiße Scheiß angerührt wurde. Stichworte: Grace Jones, Material, Black Uhuru, Peter Tosh, Serge Gainsbourg. Aber Sly & Robbie waren nie auf Reggae und Dub-Reggae fixiert, arbeiteten mit Bill Laswell oder Boogie Down Productions und setzen früh auf die Digitalisierung von Riddims.
Was man nicht vergessen sollte: seit den frühen 1980er Jahren setzte die Produktionsweise des „Dub“ zu einem Siegeszug an und infiltrierte die Popmusik von Disco und Post-Punk bis hin zu TripHop, Techno, Drum ’n’ Bass und Ambient. Beim naheliegenden Hinweis auf die Berliner Crew von Rhythm & Sound kämen nun nicht nur Nils Petter Molvaer ins Spiel, sondern auch der finnische Electronica-Experte Vladislav Delay aka Luomo aka Sasu Ripatti. Rhythm und Sound, darauf kann man die Kunst des norwegischen Melancholikers runterbrechen, wenn man etwa noch die Einflüsse des elektrischen Miles Davis oder auch die „Fourth World“-Musik eines Jon Hassell dazudenkt.
Einfach so über den Weg gelaufen ist man sich in all den Jahren trotzdem nicht. Die erste Begegnung lief 2015 durch einen gemeinsamen Bekannten im Rahmen eines Festivals in Frankreich. Man beschnupperte sich und fand sich zumindest so sympathisch, dass man umgehend eine nicht allzu ausgedehnte Europa-Tour buchte. Wer das Quintett seinerzeit live erlebte, sah auf der Bühne drei inspirierte Nordeuropäer und abgezockt-routinierte Riddim Twins.
Irgendwas muss jedoch im Verlauf der Tour passiert sein, denn danach ging man gemeinsam drei Tage ins Studio, um ein Album einzuspielen. Das Resultat „Nordub“ dokumentiert zwar durchaus noch die künstlerischen Roots der Beteiligten, ist aber ein Hybrid derart jenseits aller Genres, dass man nicht über Bilder wie „die Tropen treffen auf den Polarkreis“ schwadronieren muss. Molvaer hat sich ja in den vergangenen Jahren eh von Jazz-Klischees entfernt, die Riddims von Sly & Robbie sind eher abstrakter Dub als Reggae.
Und Vladislav Delay sowie Jazzgitarrist Eivind Aarset tun das ihre, um die entstehende Musik in immer wieder überraschende Richtungen und Abstraktionen zu treiben. Insofern sollte man zum Konzert mit offenen Ohren anreisen, denn ausgemacht scheint hier gar nichts. Es geht ums konzentrierte Ausprobieren, nicht um ein Jam-Gedaddel. \ uk
18.7.
Klenkes präsentiert: „Molvaer meets Sly & Robbie“
21 Uhr, Musikbunker
www.mubu.ac
KlenkesTicket im Kapuziner Karree
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