Die Kippe lässig in den Mundwinkel geklemmt, intoniert der 24-Jährige mit rauchiger Stimme bittersüße, abgründige Songs irgendwo zwischen Sven Regener und Tom Waits. In seinem Debütalbum „Sei ein Faber im Wind“ treffen französische Chansons und italienische Schlager auf Balkanrhythmen, Blues und Folk. Olaf Neumann sprach mit dem selbstbewussten Faber alias Julian Pollina über seinen Gesangsstil und politische Korrektheit
Faber, die meisten Musiker in Ihrem Alter machen Rap. Wie haben Sie zu Ihrem ureigenen Sound gefunden?
Ich glaube nicht, dass die meisten Leute in meinem Alter rappen. Es wird auch sehr viel elektronische Musik gemacht und zum Teil mit akustischen Klängen verbunden. Ich persönlich habe vieles ausprobiert und mir vieles angehört. Meine nächste Platte kann schon wieder ganz anders klingen. Bei dieser Platte hatte ich Lust auf Rhythmen zwischen Balkan und Südamerika.
Bereits als Teenager sangen Sie Lieder von Adriano Celentano, Umberto Tozzi und Eros Ramazotti in Zürcher Restaurants. Wie kamen Sie ausgerechnet auf Italoschlager?
Es waren keine Schlager, sondern italienische Chansons. Ich sang sie bis zu meinem 19. Lebensjahr auf Geburtstagen und Hochzeiten. Die Italiener scheuen sich überhaupt nicht davor, kitischig zu sein. Das kann sogar Witz haben.
Sie schreiben keine Politsongs, dennoch geben Ihre Lieder einen Überblick über politische Themen, die Sie offenbar beschäftigen.
In „Wer nicht schwimmen kann, der taucht“ zum Beispiel geht es um die Flüchtlingstragödie.
Was ich mache, hat eigentlich immer einen politischen oder gesellschaftlichen Touch. Ich glaube, mit ein bisschen Toleranz kann man schon sehr viel erreichen. Es wird sicher noch viel schlimmer werden in den nächsten Jahrzehnten, und dann hätte man sich gewünscht, dass man nicht auf die rechten Politiker reingefallen wäre. Die säen hier so viel Hass, der in der Bevölkerung eigentlich gar nicht da ist.
Ihr Vater ist der bekannte sizilianische Liedermacher Pippo Pollina. Wurde Ihnen die Musik in die Wiege gelegt?
Ich hatte keine Gesangslehrer, weil ich so ungern zur Schule gegangen bin. Sie hat mir vieles vermiest, was ich eigentlich gern hatte. Deshalb wollte ich mir die Musik nicht auch noch vermiesen lassen. Ich habe immer sehr viel gesungen und rumgeschrieen, aber erst seit ich zwölf bin. Durch meinen Vater wusste ich von Anfang an, dass Musiker ein Beruf mit viel Arbeit ist.
Leben Sie selbst nach dem Motto Ihres Songs „Bleib dir nicht treu“?
Natürlich bleibe ich mir nicht treu. Man verändert sich halt. Logisch rede ich heute anders als vor fünf Jahren. Man lernt dazu oder verlernt etwas. Ich fände es echt langweilig, wenn Leute ständig so bleiben würden wie sie sind.
Sie werden häufig mit älteren Sängern wie Tom Waits verglichen. Können Sie mit dem Vergleich etwas anfangen?
Es freut mich außerordentlich, wenn das jemand sagt, Tom Waits hat viele geile Alben gemacht. Es ist aber nicht so, dass ich mir nur Musik von vor 1970 anhören kann. Ich unterscheide gar nicht groß zwischen neuen und alten Sachen. Viele neue Sachen klingen auch sehr alt.
Wie trainieren Sie eigentlich Ihre Stimme?
(lacht) Der Trick ist, wenig schlafen, viel trinken und viel rauchen. Aber ich weiß gar nicht, ob Letzteres wirklich etwas hilft. Sänger mit mädchenhaften Stimmen rauchen zum Teil ganz viel. Ich bin immer dann gut, wenn ich viel singe und habe ein Problem, wenn ich es lange nicht gemacht habe. Dann werde ich sofort heiser. Letztes Jahr spielte ich 150 Konzerte und schrie die ganze Zeit rum. Aber es war nie ein Problem. \
3.11.
Faber
20 Uhr, Musikbunker
(Das Konzert ist bereits ausverkauft!)
WEITEREMPFEHLEN