Florian Hertweck, Malcolm Kemp und Inge Zeppenfeld beweisen mit ihrer Inszenierung „Nicht mit uns“ ordentlich anarchischen Elan. Ein Stück über Protestbewegungen, gesellschaftliche Abgründe und den Mut, endlich den Arsch hoch zu kriegen. Zuerst ein bisschen Geschichtsunterricht: Kennen Sie Guy Fawkes? Der verstand sich darauf, politischen Widerstand zu leisten, Einspruch zu erheben, Missgefallen auszudrücken.
Bereits am 5. November 1605 versuchte der Engländer das britische Parlament zu bombardieren und den damaligen König zu stürzen. 400 Jahre später tragen Demonstranten auf der ganzen Welt die Anonymous-Maske, die für eine stilisierte Version des Protests von Guy Fawkes steht. Die Einigkeit und Anonymität ausdrückt. Mit ebendieser Maske beginnt „Nicht mit uns“. Tagtäglich werde bei Facebook Humbug geliefert, zetert ein Mann mit freiem Oberkörper, Rock und ebendieser Maske. Am besten poste man anonym – dann knallt es besser.
„Sind das die Falschen oder doch das Volk?“ Protest ist individueller, fragmentierter und komplizierter geworden. Es sei Zeit für einen richtigen Mutausbruch. Wenn Flaute auf dem Meer des Widerstands herrscht und kein Land der Besserung in Sicht ist, muss sich was ändern. Und los geht die Reise mit der „MS Hoffnung“. Komm an Bord „Liebe Passagiere und Passageusen, willkommen an Bord. Sie erwarten geile Songs und geile Energien“, begrüßt Kapitän Lismus seine neue Crew, das Aachener Premierenpublikum.
Der Kapitän hat ein Ziel: „Make this ship great again“. Auch ein Flüchtling heuert an. Der kommt aus Regensburg und spricht perfekt Deutsch. „Do you drive a LKW?“ fragt der schmierige Käpten. „Nein, tue ich nicht.“ „Not bad for a flightling.“ Wenn einem im Anschluss Rainer Krause vehement und durchdringend „Hier ist ein Mensch, schick ihn nicht fort, gib ihm die Hand, schenk ihm ein Wort. Hier ist ein Mensch, der will zu Dir, Du hast ein Haus, öffne die Tür“ entgegen singt, dann weiß man nicht nur, dass Peter Alexander seiner Zeit voraus war, sondern auch, dass das mehr als ein üblicher Theaterabend sein wird. Eine Mutmachung.
Eine Aufforderung. Geile-Song-Waffe Und das ist nur ein Beispiel von vielen, wie Lieder zu besseren Versionen ihrer selbst und zum Treibstoff von Protestgedanken werden. Da wird dem Rassismus, dem Sexismus, dem Kapitalismus und auch der Atomkraft der Kampf angesagt. Mit Songs von Rammstein, The Clash, Silbermond, K.I.Z. und Queen.
Mit Schauspielern, die zu Sängern werden und eine wahnsinnige anarchische Energie versprühen. Jede Szene, jeder Song, jeder Schauspieler macht das Stück, zu dem, was es ist: uneingeschränkt perfekt in Ausarbeitung und Darstellung. Das vermögen Worte nicht zu sagen. Nur eines sei gesagt: Rein da, anschauen. Und endlich den Arsch hoch kriegen. \ cr
2.+22.3.
„Nicht mit uns“
19.30 Uhr,
Bühne, Theater Aachen
KlenkesTicket im Kapuziner Karree
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