Der seit langem in Mexico City lebende und arbeitende Belgier Francis Alÿs (*1959) hat den BACA 2010 verliehen bekommen. Die Direktoren von Bonnefantenmuseum (Alexander van Grevenstein), MUDAM Luxembourg (Enrico Lunghi) und WIELS – Center for Contemporary Art in Brüssel (Dirk Snauwaert) haben gemeinsam diesen wichtigsten niederländischen Preis für zeitgenössische Kunst vergeben. Experimentell ist die Werkzusammenstellung nicht in einigen Räumen konzentriert, sondern über das ganze Haus verteilt und tritt in Wechselwirkung mit dem Bestand und den Erwartungen an seine Präsentation. So braucht es etwas bis man entdeckt, dass manche Arbeit einen identischen Zwilling hat (Déjà vu1996). Francis Alÿs macht den Straßenraum in verschiedenen Aktionen zu seinem künstlerischen Werkstoff und Thema. Er dokumentiert teilweise mit bis zu neun Kameras gleichzeitig aus verschiedenen Perspektiven.
Bei der Arbeit Silencio schreien die Farben. Weder recht Muster, noch Ornament sind gemischfarbige Fußmatten flächendeckend wie japanische Tatamis oder ein Gebetssaalteppich verteilt. Als Form ergibt sich banale demokratische Masse in individueller Vereinzelung. Die Hand an den Lippen spielt auf museale Andachtserwartung an.
Ein leicht surrealer Aura-brecher betört mit Entzauberung.
Zum zweiten Mal präsentieren Absolventen der Maastrichter Jan van Eyck Akademie parallel und in Auseinandersetzung mit dem Preisträger ihre Arbeiten. Zum Staunen laden Wolfgang Fütterer (D), Paul Gangloff (F), Magicgruppe Kulturobjekt (D, NL, O), Dominique Hurth (F), Axel Loytved (D) und Nicholas Matranga (VS) unter dem Titel „BACA Masterclass - becoming ahh“. Auch hier wird die Erwartung an die Kunst und den Künstler thematisiert und optisch über Bluebox-technik in Frage gestellt. Was ist fiktiv, echt, gefaked oder ernst gemeint? Was ist Unikat und Teamwork, was original an Entwurf oder Konzept? Sind Idee und Ausführung trennbar? Angesichts vieler Spiele mit dem Fragmenthaften ergibt sich die Frage, wann ein Kunstwerk fertig ist.
Unter dem Titel Wintergarten (jardin d´hiver) zeigt das Bonnefantenmuseum seine Highlights der Moderne-Sammlung im MAMAC in Lüttich. Pawel Althammer, Marcel Broedthaers, Paul Chan, Hugo Debaere, Bas de Wit, Michael Krebber, Sol LeWitt, Roman Signer und Mario Merz – vertreten mit der größten Iglu-Sammlung aus Privatbesitz - bilden ein qualitätvolles internationales Ensemble aus dem letzten halben Jahrhundert. Eine Gegenausstellung wird stattfinden. Solches Zusammenwirken der Museen, wie es wirtschaftsbedingt jetzt vielfach sinnvoll und üblich geworden ist, mobilisiert Kunstwerke und Neugier bei weniger mobilem Publikum und höherer Input-Erwartung. Im Zuge immer stärker von Sammlervorlieben und Schenkungen geprägter Gegenwartskunst in den Museen ist der Austausch von Sammlungen auch in dieser Hinsicht interessant und erfrischend und manch schlummernder Schatz bekommt frisches Publikum und neue Würdigung. Zu gucken gibt es satt. Allein der Zugang zur Bildsprache will vermittelt sein.
Text: Dirk Tölke
Bild: Harry Heutsch
bis 27.2.
Francis Alys – „BACA Laureate 2010“
Di-So 11-17 Uhr, Bonnefanten, Maastricht
www.bonnefanten.nl
bis 27.2.
„Jardin d’hiver“
Extra-muros - MAMAC, Lüttich
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