Von Sebastian Dreher
Den Schalk hat Manfred Hammers nicht erst seit 1992 im Nacken, das Jahr, in dem er zusammen mit einer Gruppe Gleichgesinnter die „Strunxsitzung“ und damit den alternativen Aachener Karneval erfand. Schon rund zehn Jahre vorher hat er sich einen Spaß daraus gemacht, in die „Kleinanzeigen“ des KLENKES fingierte Seminarangebote zu schmuggeln.
„Yogisches Fliegen für Dicke“, „Fäkalanalyse in einem Landhaus mit Ambiente“ oder „Presswehen-Simulationskurs für Männer“ stand da zu lesen. Die angegebene Chiffre-Nummer führte natürlich ins Leere, aber „auf Partys ist die Anekdote bis heute der Brüller“, sagt der 56-Jährige, während er sich mit den mitgebrachten Zebra-Utensilien fürs Foto zurechtmacht.
Gestreiftes Moderatoren-Duo
„Auf das Zebra-Motiv kamen wir zufällig“, erinnert er sich. Bei einem Pressetermin stellte sich das schwarz-weiß gestreifte Jackett als besonders werbewirksam heraus – und fortan gab es das Moderatoren-Duo Manfred Hammers und Rudi Zins nur noch gestreift. Doch die Klamottensuche war damit noch nicht ganz vom Tisch.
Für eine Parodie auf die TV-Moderatorin Ilona Christen musste sich Hammers im Kaufhaus blonde Perücke, Sommerkleid und blickdichte Strümpfe besorgen. Bei der Anprobe kam unter den anwesenden Kunden und Verkäuferinnen natürlich Stimmung auf.
Die Arbeit aller Beteiligten war rein ehrenamtlich, und natürlich kam es hier und da zu stressigen Situationen. Als eines Tages der Clown „Globo“ alias Alfred Gerhards krankheitsbedingt ausfiel, musste Jürgen Fleuster spontan für ihn einspringen – einen Tag vor der Show. „Jürgen konnte sich den ganzen Sonntag lang einen meiner Texte einbimsen“, so Hammers. Er selbst hatte bei jeder Sitzung genug zu tun – sei es bei der in Form von Mini-Sketchen gehaltenen Moderation oder bei seinen berühmten Büttenreden.
Weise Entscheidung
Die Entscheidung, die Veranstaltung, die 1992 noch nach dem Kölner Vorbild „Stunksitzung“ hieß, einzustellen, bezeichnet Hammers auch ein halbes Jahr nach der letzten Auflage noch als „weise“ – selbst wenn der Run auf die Eintrittskarten bis zur letzten Sitzung ungebrochen war.
„Man muss gehen, wenn es am schönsten ist“, kalauert er – doch das trifft es ziemlich gut. „Der Nachwuchs fehlt, unser Publikum ist mit uns gealtert.“ Das habe man nicht zuletzt am Stehvermögen der After Show Party-Gäste gemerkt. Während in den 90ern noch bis in die frühen Morgenstunden Gelenkbusse zwischen der Kappertz-Hölle und der Aachener Innenstadt hin- und hershuttelten, um die trinkfreudigen Gäste nach Hause zu bringen, seien in den letzten Jahren bereits um 3 Uhr alle weggewesen.
„Eine Chance für alternative Menschen, Karneval ohne Gesichtsverlust zu feiern“, beschreibt Hammers die Motivation, die die „Strunxsitzung“ vor 22 Jahren entstehen ließ. Die nächste Session steht quasi vor der Tür. Bleibt abzuwarten, wie er der Aachener Karnevel ohne Strunx auskommt. ///
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