Erinnerungen an „das Kittel“
Statt einer schnöden Chronologie, was seit den Anfangstagen alles geschehen ist, haben wir uns einfach mal im Freundes- und Kollegenkreis umgehört, was die ganz persönlichen Erinnerungen an „das Kittel“ sind.
Der Künstler Karl von Monschau, damals als Charly Winter in einem Galerieatelier gleich neben der Pontstraße aktiv, erinnert sich sogar noch an den ersten Tag: „Das Café Kittel wurde an einem Samstagvormittag eröffnet. Nachdem einige Freunde und Verwandte gegen Mittag gegangen waren, saß ich im Gespräch mit Holger Kittel stundenlang am Fenster zur Straße bis im späten Nachmittag sich irgendwann der erste Gast reintraute. An diesem Tag glaubte ich nicht im Entferntesten, dass dieses Lokal ein Renner werden könnte. So kann man sich irren.“
Ein Glück, denn das Café ist als Anlaufpunkt für ein bunt gemischtes Publikum mitten im Univiertel nicht mehr wegzudenken. Und nicht nur wegen des Public Viewings bei Sportereignissen und den Konzerten: Das Café Kittel ist einfach Kult. Punkt!
Für Marcus Loos, seit 2014 zusammen mit Peter Niedermayr Geschäftsführer des Kittel, begründet sich der Erfolg auch darin, dass sich das Kittel immer treu geblieben ist, es ist ein „generationsübergreifender kommunikativer Ort“. Deshalb wertet er den Spruch, dass sich nach der aufwändigen Renovierung ja gar nichts verändert habe, auch als Kompliment.
Eine seltene Konstante in der Aachener Gastro-Szene, vor allem, weil hier die Gäste nicht nur einfach mit dem Lokal älter werden, sondern auch immer wieder junges Publikum nachkommt.
Kittel & Klenkes
Das Café Kittel verbindet eine lange gemeinsame Geschichte mit dem Klenkes, standen doch früher auch hier die Holzboxen mit Schlitz für den Münzeinwurf für Aachens alternatives Stadtmagazin.
Klenkes-Herausgeber Josef Heinrichs schlägt die wohlbehütete Archivmappe auf und blättert in den frühen Ausgaben des Stadtmagazins, das damals im B4-Format erschien und 50 Pfennig kostete. „Im Kittel gab es nicht nur treue Klenkes-Leser quer durch alle Schichten, hier war auch die Klau-Quote erfreulich niedrig“, erinnert er sich. „Außerdem war das Café einer der ersten Anzeigenkunden, als wir 1978 erstmals einen Veranstaltungskalender herausbrachten“.
Für Anzeigenberater Manfred Sukrow war das Café Kittel der ideale Ort an Karneval, hing doch ein Aufkleber mit durchgestrichener Pappnase im Fenster, das Kittel war (und ist) also karnevalsfreie Zone. „Außerdem konnte man dann endlich mal in Ruhe den Klenkes lesen, statt ihn zu kaufen.“ sagt er und grinst.
Und die Kollegin Silke Schneider erinnert sich: „Mit Mitte zwanzig lag ich wegen einer Nieren-OP wochenlang in einer Düsseldorfer Klinik. Zu der Zeit arbeitete ein guter Freund von mir in der Küche des Café Kittel und hat mir bei seinem Besuch extra von da meinen heißgeliebten Sahnequark mit frischen Früchten mitgebracht – das Krankenhausessen war nämlich ungenießbar …“
Auch bei Klenkes-Chefredakteurin Kira Wirtz ist das Frühstück in guter Erinnerung geblieben: „Spitzen Frühstück zwischen zwei Vorlesungen im Kármán“ mit Kaffee so viel man wollte. Ebenfalls im Gedächtnis blieb ihr ein Ausflug mit einem Gebärdensprachkurs, denn die Aufgabe, alle Bestellungen in Gebärdensprache aufzugeben, testete sowohl die Fähigkeiten der Sprachschüler als auch die Geduld und Ratekraft des Kellners.
Überraschende Gäste
Im Café Kittel saßen immer alle friedlich zusammen: Schüler, Studenten, Professoren, Touristen und Künstler, manchmal auch Menschen, die man gar nicht dort vermutet hätte. So traf Sebastian Dreher als Klenkes-Redakteur im April 2014 für seine Reihe „BankGeheimnisse“ den ehemaligen Oberbürgermeister Kurt Malangré überraschenderweise genau dort als Stammgast an, wo dieser in früheren Jahren noch vehement gegen die Wandmalerien von Klaus Paier gewettert hatte. Das – inzwischen denkmalgeschützte – küssende Lehrer-Schüler-Paar gehört zum Café Kittel wie der Biergarten. Und das ist auch gut so. Auf die nächsten 40 Jahre … Cheerio! \
// Belinda Petri
Café Kittel
Pontstr. 38
www.cafekittel.de
Geschichtsunterricht: 40 Jahre Café Kittel
Café Kittel 1977 eröffnet Holger Kittel das Café Kittel, 1980 wird der Parkplatz zum Biergarten und Klaus Paier verewigt sein Liebespaar im Eingangsbereich. Da wird das Café Kittel schon von Peter Widdra, Rainer Wienensohler, Andreas Eick, Monika Dreising und Ute Gerhardt als Kollektiv betrieben, später sind Peter Widdra, Rainer Gillessen und Wolfgang „Wolli“ Rot die Chefs. Im Juni 2014 zieht sich Widdra zurück und übergibt an Marcus Loos und Peter Niedermayr, die seit 2002 auch das Last Exit betreiben – wie die Cassolette und das Café Täglich einst auch ein „Kind“ des Kittel-Kollektivs. \
Foto: Belinda Petri
Der Artikel erschien zuerst im KLENKES 7/2017
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