„Fettes/Brot“ wurde während eurer letzten Tournee mitgeschnitten. Ein klassisches Live-Album?
König Boris: So ist es. Das Format „Live-Album“ ist mittlerweile ziemlich verkommen. Eine mittelmäßige Live-Platte wird verschenkt, damit das aktuelle Studiowerk Gold geht. Teile davon hat der Tourmanager noch schnell mit dem Handy mitgeschnitten. Bei uns ist das aber noch wie früher. Wir wollten ein Standardwerk erschaffen und haben deshalb die Tour von 2008 komplett mitgeschnitten sowie etliche Konzerte von 2009. Beim Abhören der Aufnahmen gab es auch für uns selbst noch viel zu entdecken. Auf der Bühne ist man ja auf seinen Part konzentriert, so dass man im Eifer des Gefechts gar nicht bemerkt, was die Band da so alles spielt.
Gerade im Live-Kontext klingen viele eurer Songs um einiges lebendiger. Ist das Live-Spielen die eigentliche Bestimmung von Fettes Brot?
Dr. Renz: Seitdem wir zu elft unterwegs sind, hat sich ein völlig neues Universum aufgetan. Es ist sozusagen das Gelee Royal unserer zweijährigen Konzertreise mit der großen Band. Nach 15 Jahren war solch ein Live-Dokument übernotwendig, um es mal mit den Worten unserer Steuerberaterin auszudrücken.
Vom Rap-Trio zur elfköpfigen „Soul-Punk/Ska-Funk/Meta-Pop“-Formation: Zeigt „Fettes/Brot“ auf, wo es mit der Band hingegen soll?
Björn Beton: Am Anfang hatten wir Angst vor professionellem Mietmusikertum. Inzwischen sind wir zu einem guten Team zusammengewachsen. Leute wie DJ Pauli und Pascal Finkenauer kennen wir eh schon ewig. Die haben dann irgendwann den Multiinstrumentalisten Taco van Hettinga mit angeschleppt. Inzwischen sind wir zu elft. Wir werden bestimmt weiterhin Laptopmusik machen, aber gepaart mit unseren Lieblingsmusikern. Seit einiger Zeit träumen wir von dem Gedanken, uns zusammen mit der Band neue Songs im Proberaum auszudenken.
Das Album wurde von Sebastian Hacker von Deichkind abgemischt. Er verstarb während der Produktion. Wie habt ihr die Zusammenarbeit mit ihm in Erinnerung?
Dr. Renz: Sebi ist maßgeblich für den Klang der Platte verantwortlich, dafür noch mal vielen Dank, Alter! Er hat nicht nur diese, sondern in den vergangenen zehn Jahren sämtliche Songs von uns gemischt. Darüber hinaus konnte er viele Ideen in unsere Musik mit einbringen, was sonst eher ein Produzent macht. In einem kleinen Kreis wird man schnell betriebsblind. Es hilft immer, wenn der nächstgrößere Kreis hinzukommt.
Müsst ihr heute mehr auf Tour gehen als früher, um Geld zu verdienen?
Björn Beton: Deswegen sind wir auch so größenwahnsinnig und nehmen 26 Euro für die Color Line Arena (heute o2-World Hamburg mitca. 16.000 Sitzplätzen, Anm. d. Red.). Ich denke, damit schaffen wir es dann auch, Multimillionäre zu werden – allerdings müssten wir 364 Tage im Jahr in der ColorLine Arena spielen.
Hat man als Indie-Künstler je eine Chance, in eine Sendung wie „Wetten, dass …?“ zu kommen?
Dr. Renz: Gute Frage. Natürlich läuft vieles über die Businesskontakte. Wir selbst haben einen Promoter, der sich um solche Dinge kümmert. Um in bestimmte Sendungen zu kommen, hängt oft auch vom persönlichen Geschmack der Macher ab. Ich halte es jedenfalls nicht für komplett unwahrscheinlich, dass wir von „Wetten, dass … ?“ mal eingeladen werden. Bis jetzt mussten wir uns jedenfalls noch nirgendwo auf die Besetzungscouch legen. Alles in allem gibt es sogar mehr Sendungen, in die wir nie gehen als in die wir gehen würden. Unser Manager hat Aktenorder voller Anfragen, die wir mit einem Lächeln abgesagt haben. Und im Wald liegt noch eine Menge Schnee, während es in der Stadt schon taut.
27.6.
„Eupen Musikmarathon 2010“: Fettes Brot
20.15 Uhr, Werthplatz, Eupen (BE)
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