Das Bonnefantenmuseum in Maastricht zeigt das Phänomen Elizabeth Peyton. Die 1965 in Connecticut geborene Künstlerin gilt als Porträtistin der Popkultur.
Ihre zumeist kleinformatigen Ölgemälde, die ungefähr dem DinA4 Format entsprechen, zeigen Personen des öffentlichen Lebens, Popmusiker, Schauspieler und andere Prominente. Somit könnte man Peyton schnell in die Schublade Kunst-Groupie stecken — sie kennt Promis, malt sie und wird so dadurch selber zum Promi. Aber diese Sichtweise greift zu kurz: Die Maastrichter Ausstellung vereint rund 90 Werke aus den vergangenen 18 Jahren (1991-2009), inklusive einer beeindruckenden Auswahl an Zeichnungen, Aquarellen und Lithografien. Damit ergibt sich nicht nur eine gewisse Chronologie, sondern vor allem eine Tiefe, die das Außergewöhnliche an Elizabeth Peyton und ihrem nur vordergründig nachlässigen Stil sichtbar macht. Auf den ersten Blick wirken die Bildtafeln wie flüchtig dahingeworfene Skizzen, bei denen noch die Farbe an den Seiten der Sperrholztafeln herabläuft. Kantige Konturen, pastos aufgetragene Farbflächen, der Hintergrund nur angedeutet. Dazu das Gesicht des Dargestellten, das Kernstück jedes Porträts, in einer derartigen Reduzierung, dass die Identifizierung der Person teilweise nur durch Accessoires wie der auffälligen Brille bei „David Hockney“ (1998) möglich wird. Einige der Bilder wirken so schlicht, als entstammten sie einem Kindermalkurs, so „Prince Eagle (Fontainebleau)“ 1999, bei dem das Gesicht des Künstlers Tony Just nicht ausformuliert, sondern nur eine hautfarbene Fläche unter seiner Britpop-Frisur bleibt. Mit Noel und Liam Gallagher, Jarvis Cocker und Leonardo Di Caprio sind einige mehr oder weniger stilbildende Protagonisten der 90er Jahre verewigt. Aber Elizabeth Peyton beschränkt ihr Repertoire nicht auf Schnappschüsse einer Modeerscheinung, sie malt Personen und Persönlichkeiten, die ihr Interesse erregen, historische Gestalten, Freunde, Celebrities — gleichberechtigt, ohne hierarchisches Gefälle. Sie findet ihre Modelle in Gemälden, Fotos und Pressebildern: Sie adaptiert ein Frauenbildnis Leonardo da Vincis von 1489/90 und übersetzt es ins 21. Jahrhundert, malt und zeichnet Politiker, Schriftsteller und Künstler wie Napoleon Bonaparte und Frida Kahlo und immer wieder sich selbst. „Live to Ride (E.P.)“ von 2003 zeigt die Künstlerin in einem bedruckten T-Shirt mit der namensgebenden Aufschrift. Das Selbstbildnis zeigt eine burschikos wirkende junge Frau, deren androgyne Züge sich auch in anderen Porträts wiederfinden. Beim Titelmotiv „Democrats are more beautiful (after Jonathan Horowitz)“, 2001, erkennt man plötzlich im blassen Jüngling mit den klaren blauen Augen und den vollen roten Lippen auch Peyton selber wieder. Die Ausstellung ermöglicht eine Annäherung an eine wirklich außergewöhnliche Künstlerin: Stellt sich bei der isolierten Betrachtung eines ihrer Werke die Frage, wie sich der Hype um die Amerikanerin begründet, zeichnet „Live forever“ die stringente künstlerische Entwicklung Elizabeth Peytons auf, bei der auch die Rezeptionsgewohnheiten des Betrachters mit einbezogen werden. Das Auge vervollständigt Details, wie die Buntstifte in „Spencer Drawing“ und das Bildgedächtnis speichert Skizzen, weil sie als Ikonen der Popkultur längst auf unserer Netzhaut festgebrannt sind.
Text: Belinda Petri
Bild: Solomon R. Guggenheim Museum New York, Elisabeth Peyton
bis 21.3.2010
Elizabeth Peyton — „Live Forever“
Bonnefanten Museum, Maastricht
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