Eine junge Frau im roten Abendkleid. Auf dem Kopf balanciert sie einen Karton. Sie bewegt sich anmutig zur Musik. Im Hintergrund tanzt ein Mädchen, ihr Gesicht liegt im Dunkeln, verborgen von einer tief ins Gesicht gezogenen Mütze. Nächste Szene: Mit Karacho rennt ein junger Mann gegen eine Wand. Die anderen schauen unbeteiligt zu, drehen sich weg - lassen ihn liegen.
Es sind „Strange Days Indeed“, in denen sich junge Erwachsene bewegen und ihre Position suchen. Das Stück (19.3.) erzählt tanz-theatralisch von der Lust und der Not junger Leute, sich in einer Welt zurecht zu finden, die sie nicht verstehen. Leben in einer Zeit der Verpflichtung zur Außergewöhnlichkeit. Wer nicht speziell ist, wird nicht beachtet. Die schrille Inszenierung dreht sich um die essentielle Frage: Wie kann ich in dieser Welt noch auffallen?
Das Ringen um Aufmerksamkeit hat der belgische Choreograph Ives Thuwis mit sechs Jugendlichen vom Jungen Theater Basel untersucht und damit eine einzigartige Performance geschaffen. „Wir freuen uns sehr, dass wir in Belgien, einer uns bisher fremden Region, spielen können. ‘scenario’ ist uns vom Hörensagen bekannt. Aber in unserem Stück geht es ja gerade um den Umgang mit dem Fremden; um das lustvolle Daraufzugehen. Insbesondere mit der Sprache des Tanzes scheinen Ländergrenzen leichter zu überwinden zu sein“, freut sich der Leiter des Jungen Theater Basel, Uwe Heinrich, auf das „scenario festival 2010“. Es ist Theater auf Augenhöhe mit seinem Publikum, mit Themen, die jungen Menschen unter den Nägeln brennen.
Zum siebten Mal hat die Kulturvereinigung Chudoscnik Sunergia ein internationales Programm aus unterschiedlichen Formen des (Tanz)Theaters für das Festival „scenario“ zusammengestellt. Künstler aus Belgien, Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigen sieben Tage lang ihre kreativen, kritischen und auch kindgerechten Produktionen. Von Musiktheater, Tanztheater bis Figurentheater wird eine große Bandbreite der Theaterformen geboten.
Es werden Geheimtipps und Senkrechtstarter die Bühnen mit Leben füllen. Das Eupener Trotz Ensemble ist so ein Senkrechtstarter. Mit „Love is strange (rough cut)“ bringen sie ein interdisziplinäres Stück, das eine Mischung aus szenischem Konzert, musikalischer Performance und Theaterstück ist. Ein Kaleidoskop von Traumbildern mit getanzten Monologen und visuellen Dialogen. Die fünf Darsteller werden in vier Sprachen ihre Visionen, Gedanken und Phantasien zu einem vielschichtigen Gruppenbild zusammenfügen. Es ist ein schräges, lautes Stück, das sich ganz stark vom traditionellen Theaterbegriff entfernt.
Wer nicht so experimentierfreudig ist und lieber einen Klassiker sehen möchte, hat die einmalige Gelegenheit „Faust spielen“ in Rekordzeit präsentiert zu bekommen. Wo andere lange Bühnenstücke inszenieren schaffen es Wilde & Vogel vom Leipziger Figurentheater gemeinsam mit dem Wiener Christoph Bochdansky die Tragödie in 70 Minuten zu performen. Getreu dem Originaltext, aber stark virtuos ist das Stück traditionell verbunden und dennoch innovativ. Mit Maske, Marionette und Figuren, die frei gespielt werden, ist dieses mystisch-lustvolle Spektakel eine Mischung aus Schauspiel und Figurentheater.
Leichtere Kost bietet das Vollplaybacktheater, welches „Ein Fall für TKKG“ mit Hilfe der Originalhörspielkassetten inszenieren wird. Auf dem „scenario festival 2010“ spielt das Vollplaybacktheater das Stück „TKKG ? Das Paket mit dem Totenkopf (Folge 4)“.
Aus Aachen wird Lotte von der Inde beim „Erzählabend“ zu sehen sein. Lotte von der Inde, eine Meisterin der Erzählkunst, wird Geschichten aus dem Hohen Venn erzählen und nimmt ihr Publikum mit auf eine Reise durch die Hoochmoorlandschaft.
Sonja Ceri
14. bis 20.3.
„Scenario 2010“
Capitol, Eupen (BE)
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