Von Christina Rinkens
Dass die Stadt Aachen oft eher zu den langsamen Nachzüglern gehört, daran hat sich der Aachener Bürger gewöhnen müssen. Ob Kulturlandschaft, Stadtentwicklung oder eben der Straßenverkehr. Nun, man muss der Stadtverwaltung wohl zugute halten, dass sie sich bemüht. Nur ist das mit den Bemühungen halt immer so eine Sache. Sich zu bemühen, das ist weit entfernt davon, etwas dann auch in der Tat richtig zu machen.
Die Radverkehrssituation in Aachen ist irgendwie schon immer ein heikles Thema in der Stadt. Lange als „Nicht-Fahrradstadt“ verschrien, in der man sich schon aufgrund der Topographie (Talkessel) und der mittelalterlichen Innenstadtanlage nicht gut zu Rad bewegen könne. Doch ist Aachen nicht die einzige Stadt, in der mit solchen – nennen wir sie „natürlichen“ – Gegebenheiten umgegangen werden muss. Karlsruhe beispielsweise hat mit seinem fächerförmigen Stadtgrundriss, dessen Ursprung im 18. Jahrhundert liegt, durchaus auch mit der ein oder anderen Tücke zu kämpfen. Und doch wurde die Stadt im kürzlich veröffentlichten Fahrradklima-Bericht des Radfahrerclubs ADFC als fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands ausgezeichnet. Während Aachen eher so im unteren Drittel rangiert.
Nun ist es aber auch so, dass das Sicherheitsgefühl der Fahrrad-fahrenden Bevölkerung laut eben diesem Bericht insgesamt abgenommen hat. Nicht nur in Aachen. Dabei sprechen doch alle davon, man solle das Rad nutzen. Nur wie, ohne die nötige Radinfrastruktur? Tempo 30 in der Innenstadt, eine harte Trennung von Fahrrad und Auto wären Möglichkeiten. Doch eigentlich bedarf es einer grundsätzlichen Entscheidung. Denn: So lange das Auto Vorzug und Vorfahrt genießt, wird sich an der Lage auf den Straßen nichts ändern. Und das betrifft nicht nur Aachen, das betrifft die alt eingesessene Straßenverkehrspolitik der Bundesrepublik. Sonst bleiben Ausbesserungen nur leise Zwischentöne. Während die Zukunftsmusik in weiten Fernen spielt.
Schaut man sich global um, so sieht man: Es geht ja wohl auch anders. Amsterdam, Kopenhagen, ja selbst New York. All diese Städte zeigen, wie der Straßenverkehr der Zukunft aussehen könnte. Doch dafür braucht es mutige Denker, neue Regelungen und Gesetze und letztlich auch personelle Kapazitäten. Die Mobilitätswende hat längst begonnen. Innerhalb der großen Städte ist die Nutzung des privaten Autos seit Jahren rückläufig. Der Anteil der Wege, die mit dem Fahrrad, zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden, wächst stetig. Die Anpassung der Straßenräume an das veränderte Nutzungsverhalten ist eine zwingende Folge. Auch zur Erreichung der anvisierten Klimaschutzziele. Die Zeit der autogerechten Stadt ist vorbei. Auch Aachen muss endlich beginnen, seine Verkehrsinfrastruktur neu zu denken. Für eine ökologisch sinnvolle und lebenswerte Stadt. \
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