Livekonzert zu CD verhält sich manchmal so wie Buch zu Verfilmung. Doch während beim zweiten Beispiel meistens die Vorlage besser ist, können sich Musiker bei den Aufnahmen ihrer Songs oft umfassender ausdrücken als bei Echtzeitdarbietungen. Wichtig ist es – gerade bei Bands mit außergewöhnlicher Bühnenwirkung –, dass die energiegeladene Atmosphäre eines Livekonzertes (zumindest teilweise) eingefangen wird.
Ein gelungenes Beispiel dafür liefert nun die Aachener Alternative-Pop-Band The Tideline mit ihrem Debütalbum „Oceanic Rock“. Bereits seit einigen Jahren überraschen die sechs Musiker die lokale Musikszene immer wieder mit mitreißenden Konzerten, bei denen schon nach wenigen Takten der Funke zum Publikum überspringt. Neben dem kompakt-schlichtem Songwriting überzeugt vor allem das Zusammenspiel der beiden Sängerinnen (und Schwestern) Julia und Anne Pauly. Julias kräftige Bluesstimme wird noch ausdrucksstärker, wenn ihre Schwester glockenklar und engelsgleich die passende Harmonie dazu liefert. „Wir haben schon als Kinder zusammen gesungen“, meint Julia. „Und schon damals waren gesanglich die Rollen so verteilt wie jetzt in der Band.“
Die 14 Songs der CD haben die Atmosphäre eines Tideline-Konzertes zum großen Teil eingefangen und bringen auf den Punkt, was die Band mit „Oceanic Rock“ meint. Denn neben Albumtitel ist das auch die bandeigene Beschreibung des Musikstils, der Elemente von Pop, Indierock und Singer-/Songwriter vereint. Mal ruhig, mal ungestüm, wie der Ozean bei Ebbe und Flut. Up-Tempo-Stücke wie „Space“ oder „Borderline Stalker“ reihen sich an Balladen wie „Shine“ oder „3 Years“, bei denen Julia ihre ganze Seele ins Zeug legt. In den Songs stört kein überflüssiger Takt die Harmonie, kein selbstverliebtes Gitarrensolo, kein vertracktes Arrangement. Gitarre, Bass, Drum – alle ziehen am selben Strang. Hin und wieder schleicht sich eine zarte Violinenmelodie in den Vordergrund, mal sphärisch, mal fordernd, doch immer dem Song angemessen.
So harmonisch wie das Meer.
8.4.
CD-Release-Konzert von The Tideline: „Oceanic Rock“
20 Uhr, Wild Rover
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