Da bleibt die Frage offen, wann und wo der eigentliche Dialog noch stattfindet. Die Initiatoren des internationalen Kultur- und Wissenschaftsfestival EURIADE verfolgen das Ziel der Begegnung im ursprünglichen Sinne. Dieses ermöglicht vom 3. Oktober bis zum 2. Dezember, Gedanken auszutauschen und Impressionen mitzunehmen.
Die jährlich stattfindende EURIADE vereint nicht nur verschiedene Orte in der Städteregion Aachen und in der niederländischen Provinz Limburg – sie stellt Verbindungen zwischen Musik, Symposien, gelesener und bildender Kunst her.
Wie auch in den Jahren zuvor, steht das Festival auch dieses Mal unter einem Titel, einem Leitgedanken – „Epiphania“. Intendant Werner Janssen erklärt hierzu: „Der Begriff steht für das, was hervorgegangen, geboren, erschienen ist aus dem Innern, dem Kern, der Tiefe, eben der Seele.“ Und zur (Rück-)Besinnung auf Geist und Seele bietet das Programm der EURIADE 2010 ausreichend Gelegenheiten.
„Euriade“ selbst lässt sich vom hebräisch/griechischen „ereb/odos“ ableiten, steht für den „Weg zum Fremden, zum Anderen“. Dieses „Andere“ kann man allerdings auch in sich selbst suchen, im besten Falle im Dialog erarbeiten.
Martin-Buber-Plakette für Prinzessin Irene van Lippe-Biesterfeld
Der Austausch zwischen Menschen bildete auch den Schwerpunkt der Arbeit Martin Bubers. Der 1965 verstorbene österreichisch-israelische Philosoph ist Namensgeber der im Rahmen der EURIADE verliehenen Martin Buber-Plakette. Diese Auszeichnung ehrt alljährlich Persönlichkeiten, die über Tellerränder hinaussehen, hinhören und Nöte anderer erkennen. Träger der von der Aachener Künstlerin Martha Klems gestalteten Medaille sind unter anderem Helmut Schmidt, Richard von Weizsäcker, Karlheinz Böhm oder auch im Jahre 2008 Michail Gorbatschow.
Dem „Dialogischen Prinzip“ folgt auch Prinzessin Irene van Lippe-Biesterfeld, Schwester von Königin Beatrix der Niederlande. Die 71-jährige Preisträgerin setzt sich laut Juroren mit „Leib und Seele für die Natur als selbstverständliche Grundlage unseres Lebens ein.“ Wieder also der Dialog – hier mit der Natur. Es sind die Leitgedanken der Verantwortung und der Wertschätzung gegenüber unserer Umwelt, die Prinzessin Irene die Anerkennung einbringt.
Klaus Maria Brandauer liest im Alten Kurhaus
Bereits mit der Martin-Buber-Plakette bedacht wurde der österreichische Schauspieler und Regisseur Klaus Maria Brandauer (2006). Das Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters ist nun ebenfalls Teil des umfassenden Programms der EURIADE 2010. Am 7. Oktober nimmt sich Brandauer im Alten Kurhaus den Texten des spanischen Filmemachers Luis Buñuel an. Der Oscar-nominierte Brandauer bezieht sich dabei auf den Arbeitsschwerpunkt des surrealistischen Regisseurs, die Kritik am Christentum. Das Programm „Ein Atheist von Gottes Gnaden“ wird zudem musikalisch von Maria Magdalena Wiesmaier am Cello begleitet. Werner Janssen weiß: „Über die Texte eines Künstlers wie Buñuel wird – vor allem wenn Brandauer liest – im Menschen etwas angeregt. Die Musik tut dabei das ihrige.“ Eindringlichkeit, die auch hier die Seele zu berühren vermag.
Meisterpianist Andrea Bonatta bei der EURIADE
Dies ist auch das Ziel Andrea Bonattas. Der aus Bozen stammende Meisterpianist spielt am 29.10. im Ballsaal Franz Liszt. Der Künstler hat auf sämtlichen Kontinenten sein Handwerk entfaltet, was ihm das Prädikat „Poet auf dem Klavier“ einbrachte. Zu seinem Repertoire gehört ebenfalls das gesamte pianistische Werk Johannes Brahms’, was sich nicht nur auf diversen Tonträgern verfolgen lässt, sondern auch in Bonattas Buch „Johannes Brahms – Das Klavierwerk“, das heute als Referenzwerk gilt. Als Jury-Mitglied verschiedener internationaler Wettbewerbe zeichnete sich der Pianist ebenfalls aus.
Die Vielfältigkeit des Festivals ermöglicht den Besuchern zudem die Berührung mit Kontrasten: Die Ausstellung „Gegen das Vergessen, 65 Jahre Befreiung Auschwitz …“ vereint Eindrücke, die sich von einer anderen Seite in das Bewusstsein des Betrachters schleichen, ja, bohren: „Es sind große Bilder, welche die Empathie des Künstlers Rafael Ramírez mit dem leidenden Menschen zum Ausdruck bringt“, verdeutlicht Janssen. Juden, die Abschied nehmen, verzweifeln, ins „Gas“ gehen – auch Kinder. Und dann: Auschwitz heute, bebildert von Jorgen Polmann. „Nackte, kahle Monumente, Erinnerungen gegen das Vergessen, die uns die Begegnung mit damals notwendig machen“, so Janssen weiter. Auch ein Dialog, der nicht abreißen darf. /// Robert Targan
27.9.-11.12.
„EURIADE 2010 – Internationales Kultur- und Wissenschaftsfestival“
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