1947 in Aachen geboren, wurde Reinartz nach einer fundierten Fotografenausbildung bei Preim und dem Studium bei Otto Steinert an der Folkwangschule in Essen bereits mit 23 Jahren zum jüngsten Bildreporter des Stern, bevor er auch für andere namhafte Magazine und Zeitungen wie Spiegel, Geo und das Zeit-Magazin hinaus in die Welt zog.
Ein talentierter Bildjournalist also, der ganz oben auf dem Karriere-Olymp stand und sich dann – 1981 – von der Auftragsfotografie abwandte, weil ihm alles zu oberflächlich geworden war. Der fortan Künstler und ihre Arbeiten (Richard Serra!) porträtierte, aber selbst nicht als Künstler gelten wollte. Der seine Studenten lehrte klare Bilder zu schaffen und selbst sein Bild von Deutschland in der Tristesse von Betonlandschaften fand.
Nun also die erste große Werkschau mit rund 180 Fotografien im Museum. Diese umfasst sowohl frühe Arbeiten für die Studienmappe vom Autorennen in Spa und dem Flohmarkt in Lüttich 1968/69 als auch einen Querschnitt seiner Reportagebilder von den Straßenschluchten in New York bis zu den Hare-Krishna-Jüngern, die in den 70ern durch Europa zogen.
Mit den Werkstücken und Serien, die er ab 1981 als freier Fotograf schuf, wird die ganze Bandbreite seines Schaffens deutlich, obwohl seine bekannteste Reihe „totenstill“ über Konzentrationslager in Deutschland (1994) bewusst ausgespart wurde. Fürchtet man im Museum die alte Diskussion, ob das Schreckliche auch ästhetisch sein darf, oder ist es eine rein inszenatorische Frage, die Ausstellung ohne diesen Reibungspunkt zu gestalten?
Seine thematischen Fotoessays publizierte Reinartz seit Mitte der 1980er Jahre in Bildbänden, bei denen die Titel „Kein schöner Land“ oder „Innere Angelegenheiten“ seine Auseinandersetzung mit der deutschen Heimat ebenso pointiert treffen wie die Bilder selbst.
Die Imbissbude „Zur Schaschlikbilla“ an der Bundesstraße 264 mitsamt trostloser Landschaft und Kohlekraftwerk im Hintergrund weist noch eine Spur Lokalkolorit auf, das aber zunehmend an Bedeutung verliert. Straßen, Häuser und Menschen werden von Dirk Reinartz ohne spezifischen Bezug dargestellt. Egal, ob die beiden älteren Damen in New York stehen und rauchen oder der Blick auf die Elbe aus dem Auto heraus geschieht, die geografische Zuordnung ist unwichtig.
Die Motive zeigen Momentaufnahmen, ohne Schnappschüsse zu sein. In den s/w Fotografien und den späteren, abstrakteren Arbeiten in Farbe ist die versierte Bildkomposition jederzeit erkennbar. Keine oberflächliche Hochglanzästhetik, aber ein realistisches Bild der Welt in schmutzigen Farben.
Der Fotograf Dirk Reinartz macht das Alltägliche zum Besonderen, indem er die Zeit anhält und auch in die dunklen Ecken blickt, ohne den Respekt vor den Menschen und den Umständen dort zu verlieren.
Text: Belinda Petri
Foto: Dirk Reinartz, (c) Karin Reinartz/Courtesy Galerie m Bochum
bis 6.2.2011
Di-Fr 12-18 Uhr, Sa-So 11-18 Uhr
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