Die Konzeption von Forum und Marktplatz als Ort der Diskussion wird im Lufo gestalterisch wieder präsent. In der tiefergelegten Mulde und im äußeren Randbereich gesellen sich auf eine Oberkantenhöhe gebrachte Podeste in unterschiedlichen geometrischen Formationen zu einem offenen Cluster. Sie bilden eine Art Stadt mit Gängesystem und bieten individuelle Präsentationsmöglichkeiten von Foto und Modell bis Installation und Beamerpräsentation für disparate Positionen junger Architekturbüros aus Amsterdam, Brüssel Köln und weiteren Orten. Der verbliebene Labyrinthplatz scheint aber eher für die Intensivdiskussion einer Kleingruppe gedacht, als für Heilsverkündigungen an große Mengen. Baukultur und Nationalstil sind passé. Baurecht, Förderkonzepte, Berufsstandsorganisation, Ausbildungsstrukturen und Vergabepolitik verursachen die globalisierungsresistenten Länderunterschiede. Das Planerteam stellt eine Abkehr vom klassischen Arbeitsprofil eines Architekten fest, der nicht mehr von Kunden für Bauprojekte aufgesucht wird und der sich angesichts von Fertigbauhäusern und Einrichtungsprogrammen Nischen suchen muss. Höchst individuell und mit großem situativem Lokalbezug sind dennoch viele Ausführungen, Projekte und Baumöglichkeiten, die die Grenzen zwischen Architektur, Kunst, Design, Städtebau und Eventmanagement verschwimmen lassen. Experiment und viel Temporäres kommt als Dekonventionalismus daher. Ausstellungsarchitekturen und urbanistische Planungskonzepte sind dabei. Aufblasbare Zeltmodule im utopiebeleckten Retrostil changieren zwischen Partyhöhle und transportablem Notlazarett. Lokale und auf kurzem Weg zu beschaffende Baumaterialien, durchaus Ungewöhnliches wie etwa Kabeltrommelholz mit Recycling-appeal bilden die Grundlage für der Ökologie und Energieeinsparung verpflichteten umbauten Raum. Rechtwinklige Strategien und adaptierte Rückgriffe auf die Bauhaustypologie bleiben präsent. Erfrischend ist der unverbissene, teils ironische Umgang mit dem Arbeitsfeld Architektur. Weltläufig intellektualistische Phrasensprache und Manifest-Bemühungen zeigen den Willen zu prinzipiellem Statement, aber Einheitlichkeit, Stilperformance oder Gesamtkunstwerk sind nicht im Fokus. „Diskutiert wird über Faktoren der Produktion wie Materialien, Forschung und Lehre, neue Medien und Technologien, Förder- und Wettbewerbsstrukturen, Ausbildung, Vorbilder und Netzwerke. (Pressetext)“
Zum Manifest und zum Modewechsel gehört die Krisenkonstatierung wie eh und je. Neues entsteht stetig aus kombinatorischer Schwellenüberwindung. Es sind die Theoretiker, die mit selektivem Blick den Fluß durch vermarktbare Begriffe wie SuperDutch oder Neotraditionalismus takten und verstärken. Ein Markt für sich. Seit zwei Jahren planten die Kuratoren „modulorbeat – ambitious urbanists and planners“ die Auswahl und ein Berliner Redaktionsteam das anregende Katalogheft (25.-Euro). Ihre Annahme ist, „dass ein pragmatischer, teils ironischer Ansatz vorherrscht, eine Akzeptanz des Gegebenen, der in einen neuen Realismus mündet. Dass Neu- und Umnutzung Strategien sind, die sich nicht allein ökologisch und ökonomisch bewähren, sondern eine neue Ästhetik erzeugen. Dass Theorie und Praxis zusammen gedacht werden. Dass in Zeiten wirtschaftlicher Krisen die Ideenproduktion auf die Bereiche des Möglichen ausweicht.“ Zur Diskussion darüber dient ein umfangreiches Rahmenprogramm aus Vorträgen, Workshops, Podiumsgesprächen, Filmprojektionen, Vorlesungen und einem zweitägigen Symposium. Das ist bitter nötig, damit diese anregende Schau nicht nur eine in Aachen stark vertretene Architektengemeinde zu Diskursen über Boom und Krise, über Nachhaltigkeit und Detailqualität versus temporäre Flüchtigkeit oder Ikonenarchitektur anregt, sondern damit auch die gewöhnlichen Nutzer und Erdulder von Gebäuden und urbanen Strukturen einen Zugang finden.
Um von Berufsständischemund Politischem distanziert und unüberhitzt über Architektur im Dreiländerterrain nachzudenken, ist das Lufo angesichts so kunstnaher Projekte geeignet, ist es doch selbst eine architekturgeprägte Stätte. Außerdem ist es als Diskussionsforum angedacht und soll eben kein reines Museum für zeitgenösssiche Kunst sein, die man mit dumpfem Unwillen oder ästhetischer Extase nur konsumiert. Auch hier gibt es ohne Bemühung keinen Mehrwert. Die Verlockung dazu wird allerdings geboten. /// Dirk Tölke
bis 14.11.
WESTARCH A New generation in architecture
Ludwig Forum für internationale Kunst
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