Von Lars Tunçay
Die Filme von Wes Anderson („Grand Budapest Hotel“, „Moonrise Kingdom“) sind einzigartig. Er entwirft absurd-komische Welten und temporeiche Geschichten voll von liebenswert verschrobenen Charakteren und addiert ein detailversessenes Set-Design sowie die passende Musik zu außergewöhnlichen Kunstwerken, die tief im surrealistischen Kino des frühen zwanzigsten Jahrhunderts verwurzelt sind. Kein Wunder, dass selbst die allergrößten Hollywoodstars nur zu gern in den erlauchten Kreis seiner Darstellerriege aufgenommen werden wollen.
So sind diesmal neben Anderson-Stammschauspielern wie Edward Norton, Bill Murray und Jeff Goldblum unter anderem auch Bryan Cranston und Scarlett Johansson in der englischen Originalfassung zu hören – ja, nur zu hören, denn nach „Der fantastische Mr. Fox“ von 2009 ist „Isle of Dogs – Ataris Reise“ der zweite Animationsfilm des Regieexzentrikers. Anderson führt uns diesmal in die fiktive Metropole Megasaki. Dort herrscht in einem futuristischen Japan der Kobayashi-Clan, zu dessen Mitgliedern auch der Bürgermeister der Megacity zählt.
Wie es sich für einen Bösewicht gehört, hegt der nach alter Familientradition eine besondere Liebe zu Katzen und nimmt eine grassierende Hundeseuche zum Vorwand, um die ihm lästigen Kläffer auf eine Müllinsel vor den Toren der Stadt zu verbannen. Hier landet auch Spots, der geliebte Hund des bürgermeisterlichen Pflegesohns Atari. Also macht sich der Junge ohne Wissen seines Vaters auf den Weg um ihn zu befreien und landet mitten im Rudel von Chief, Rex, Boss, King und Duke. Die Alpha-Rüden helfen Atari bei der Suche nach Spots und im Kampf gegen den hundehassenden Ziehpapa. Die Handlung klingt zunächst nach einem putzigen Abenteuerfilm für Kinder. Doch „Isle of Dogs – Ataris Reise“ ist viel mehr als das: Beseelt adaptierte Anderson japanische Traditionen und besetzte zudem einen Großteil der Sprecherrollen mit japanischen Schauspielern, die dann auch in ihrer Landessprache zu hören sind.
Denn die Sprache der Menschen ist für die Hunde ebenso unverständlich wie die japanische für die meisten von uns. Die Vierbeiner wiederum parlieren in trockenen, urkomischen Dialogen, die einige hündische Eigenheiten charmant reflektieren. Andersons Geschichte ist ein ernsthaftes Plädoyer für Toleranz und gegen Unterdrückung voller Witz und Wärme, das seine umjubelte Premiere als Eröffnungsfilm der diesjährigen Berlinale feierte.
„Isle of Dogs – Ataris Reise“
USA/D 2018 // R: Wes Anderson Start: 10.5. | 101 Minuten | FSK noch offen
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