Im abgedunkelten Saal stehen die Besuchersitze entlang der Wände, die Mitte des Raumes ist mit mehreren leeren Hockern belegt, auf dem Boden liegt Kleidung. Mit Beginn des Stücks werden die Schauspielerinnen und Schauspieler zum Kleiderhaufen gehen, sich graue oder weiße Kittel anziehen, in den vermeintlichen Bus einsteigen und auf den Hockern Platz nehmen. Über ihren Köpfen wird die Wegstrecke auf von der Decke hängende weiße Hemden projiziert. Und schon ist man mittendrin in der Geschichte um eine Theatergruppe, die mit dem Bus zu einem Gastspiel nach Wien aufbricht, das berühmte Burgtheater hat eingeladen, die Aufregung ist groß. Als der Bus eine Panne hat, wird die Vorfreude jäh unterbrochen, alle müssen aussteigen. Da nur wenig Zeit für Proben bleibt, wird die Pause zum Textlernen genutzt. Das Stück handelt von der „Aktion T4“, der systematischen Ermordung von Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen durch die Nationalsozialisten, das vermeintliche Gastspiel bedeutet die Busfahrt in den Tod. Kein leichter Stoff für eine Theatertruppe, in dessen Ensemble Menschen mit und ohne Behinderung zusammenspielen. Im Stück wechseln Rückblicke und Gegenwartsszenarien: Die Protagonisten geben ihre Ängste und Sorgen auf ganz unterschiedliche Weise preis, so werden Briefe an die Eltern vorgelesen – „Liebe Mama! Hol mich hier raus, ich kann nicht schlafen“ und von Arztdokumenten berichtet, in denen der Stempel „arbeitsfähig“ Menschenleben retten konnte. Bei „Die Verschwundenen“ trifft Trauer und Erschütterung auf Hoffnung und den zutiefst menschlichen Wunsch nach Gemeinsamkeit. Der mitreisende Baum – eine Topfpflanze, der sich die Protagonisten anvertrauen können, spendet Trost und schafft Verbindung, die mit gegenseitigen Umarmungen und einem körperbetonten Tanz von Tina Kukovic-Ulfik und Johanna Steinmetz untermauert wird. Für „Die Verschwundenen“ haben die Theaterpädagogin Tina Kukovic-Ulfik und ihr Mann Mikel Ulfik intensiv recherchiert und gemeinsam mit dem Ensemble einen Weg gefunden, die ernste Thematik mit Verve umzusetzen. Angesichts des aktuellen globalen Irrsinns hallt das knapp 80-minütige Stück durch die Authentizität aller Beteiligen noch lange nach. bep
2.+3.12. (18 Uhr)
„Die Verschwundenen“
19 Uhr, Kulturbühne der Meffis
9.12.
„Die Verschwundenen“
19 Uhr, Soziokulturelles Zentrum Klösterchen
Die meffi.s
Theater Sosh
Das Klösterchen
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