Von Richard Mariaux
Der Eupen Musik Marathon startet im Mai als erstes Open-Air in diesem Frühjahr in der Euregio Maas-Rhein. Und das mit freiem Eintritt und Programm auf fünf Bühnen am Samstag und zehn am Sonntag. Deutschsprachiger Singer-Songwriter-Pop steckt gerade viel Prügel ein. Anlässlich der Echo-Verleihung legte Jan Böhmermann im „Neo Magazin Royal“ den Finger in die Wunde und disste im Beitrag „Max Giesinger und die deutsche Industriemusik“ kenntnisreich und an vielen Beispielen aufgehängt – von Giesinger, Matthias Schweighöfer, Tim Bendzko, Glasperlenspiel, Andreas Bourani, Silbermond bis Frida Gold – den leeren Pathos und die product-placement-gesteuerte Verlogenheit deutschsprachiger Mainstream-Popmusik.
Der Sänger Joris fand hier auch am Rande Erwähnung. Eben dieser ist in diesem Jahr Top-Act am Sonntag beim Eupen Musik Marathon. Künstlerisch sicherlich nicht die beste Wahl, aber zugkräftig genug, um einem großen Publikum mit Liedtiteln wie „Sommerregen“, „Herz über Kopf“ oder „Bis ans Ende der Welt“ melancholische Herz-Schmerz-Geschichten mit leicht rauher Stimme anzutragen. „Er habe keine Angst vor einer gewissen Leichtigkeit“, so der 27-Jährige, an Klavier und Gitarre versierte, gebürtige Westfale.
Die Mischung macht’s
Aber schließlich hat der Eupen Musik Marathon 2017 mehr zu bieten als Joris. Zum Beispiel das belgische Quartett Bl!ndman (strings), deren vier junge Musikerinnen virtuos den klassischen Kanon der Musikgeschichte beherrschen, in der Eupener Friedenskirche zeitgenössische Spielarten und Instrumente ausprobieren. Ganz anders dann das junge Trio DeWolff aus dem benachbarten Süd-Limburg. Bereits 2016 überzeugten sie auf dem Aachener Kimiko-Festival mit einem seelenvollen Psychedelic-Southern-Bluesrock-Anachronismus aus Deep Purple, den Allman Brothers und The Black Keys. Weltmusik war und ist stets ein wichtiger Baustein im Programm des EMM.
In diesem Jahr ist es der aus dem Libanon stammende Sänger, Komponist und Multiinstrumentalist Bachar Mar-Khalifé, der in seiner Musik Jazz, Weltmusik, Electronic und HipHop zusammenbringt. Tribal-Dance, Jazz, mitreißende Grooves und funky Afro-Beats im Geiste von Fela Kuti spielt die zwölfköpfige Pariser Band Les frères Smith. Zu ihren verehrten Bühnen-Reliquien gehören Fela Kutis Pelzmantel und die knöchelhohen Lederschuhe von James Brown. Mit dem Arbeitsmittel Blasinstrumente arbeiten Gallowstreet aus Amsterdam an der Übersetzung von House, Trap und HipHop, wobei die Schubladen New Orleans Jazz bis Balkan-Beat auch irgendwie passen. Beim North Sea Jazz, Dour oder Lowlands-Festival begeisterten sie bereits recht unterschiedliche Publikumsströme.
Aktiv werden
Insgesamt bieten die unterschiedlichen Bühnen einen guten Stilmix. Wer selbst aktiv werden möchte – gerne: Die Bühne Am Clown sorgt für spontanes Rudelsingen und die Tanzschule „Frisse Folk“ bittet zu europäischen Volkstänzen.
Vertiefen lässt sich die Musikkultur von Bachar Mar-Kalifé oder Les frères Smith und ihren unterschiedlichen Migrationshintergründen in Form von Künstler-Interviews in einem Zelt, gefördert durch das Anti-Rassismus- und Inklusionsprojekt Bérénice. \
20.+21.5. „Eupen Musik Marathon“
17 Uhr (20.5.) 14 Uhr (21.5.), Innenstadt Eupen
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