Von Kira Wirtz
Die Oper, uraufgeführt 1825 zur Krönung Karl X., wurde erst in den 1970er Jahren wiederentdeckt. Fast 250 Jahre galt sie als verschwunden. Mittlerweile gilt sie als eines der erheiterndsten und verrücktesten Unterhaltungsstücke. Wie passt das zusammen?
Dijkema: Rossini hat die Oper damals als Auftragswerk für die Krönung und für spezielles Publikum geschrieben. Sie war nicht dafür gedacht, weiter aufgeführt zu werden. Außerdem war Rossini bekanntermaßen ziemlich faul und hatte die Absicht, die Musik später weiterzuverwenden.
Becker: Und man ist natürlich abhängig von guten Archiven. Dass das Werk wieder aufgetaucht ist, ist ein großes Glück und auf den Bühnen vor allem eine echte Rarität. Es gibt 18 Rollen, ein großes Ensemble für 14 solistische Stimmen und am Schluss ein Hymnen-Medley.
Und wenn Sie ganz knapp den Inhalt wiedergeben müssten?
Dijkema: Die Reise zur Krönung findet nicht statt. Und als die bunte Schar das begreift, fängt das Drama aus Stillstand, Ohnmacht, Warten an.
Becker: Und gipfelt in einem großen Fest, dass sie selbst improvisieren. Aber ja, vorher gibt es einiges an Drama.
Und wenn sie die Musik in drei Worten beschreiben würden?
Klomp: Leicht, fröhlich, schnell.
Dijkema: Champagner, Energie, Berührung.
Becker: Rasant, verrückt, kontrastreich.
Okay, das ging schnell. Wollen Sie das doch ein bisschen ausführen?
Klomp: Chor und Orchester wird viel abverlangt, aber alles ist im Fluss. Sehr schnell und dennoch so fröhlich und leicht.
Dijkema: Diese Oper ist einfach Champagner. All die Situationskomik und der Spaß wurzeln in dramatischer Substanz. Damit es sich richtig entlädt, ist es wichtig, dass alles ineinandergreift.
Becker: Rossini schafft es mit wenig Material so ein komplexes Werk zu erschaffen. Er wollte einfach zeigen, wo die Grenzen liegen.
Apropos Grenzen: Ein grenzenloses Europa. Das ist ja auch das Motto der Spielzeit. Passt also?
Becker: Das Stück ist wie gemacht für Aachen. Reims und Aachen sind beides Krönungsstädte und zudem noch Partnerstädte. In dem Jahr, in dem die Oper uraufgeführt wurde, eröffnete das Theater Aachen. Die Rollen sind vielfältig und bunt – international. Passt also einfach.
Und wie läuft die Zusammenarbeit während der Proben?
Klomp: Gut. Sehr gut. Weil der Regisseur klar weiß, was er will und sehr gut mit unterschiedlichen Gruppen arbeiten und sie zusammenführen kann.
Dijkema: Danke! Dieses Stück ist eine große Aufgabe. Aber ich gebe mein Bestes, die unterschiedlichen Geschichten ohne Verwirrung zu erzählen.
Was sind das für Geschichten?
Dijkema: Jede Person hat eine Wiedererkennung. Einer ist fanatisch, ein anderer selbstverliebt, einer träge. Es sind Eigenschaften, die jeder kennt, die aber hervorgehoben werden müssen. Ich erinnere mich selber oft daran, dass ich immer auch an den Zuschauer denken muss, um ihn nicht zu verwirren.
Und was bekommen die Zuschauer ab Januar zu sehen?
Dijkema: Ein Spektakel
Becker: Und es wird heutig. Nicht historisierend. Wie wir das Ende mit der Krönung in Einklang bringen, bleibt aber noch unser Geheimnis.
Welche der Figuren würden Sie gerne spielen?
Dijkema: Keine. Ich gehöre hinter die Bühne.
Becker: Ich habe mich auch ganz bewusst für einen Beruf hinter der Bühne entschieden. Aber ich sympathisiere mit der ein oder anderen Figur. Das ist aber tagesformabhängig.
Klomp: Also ich bin schon sehr gerne auf der Bühne und bei den Chorproben übernehme ich oft die Solistenrollen. Mein Favorit wäre die Madame Cortese. Die Modefanatikerin, die ein Riss im Kleid in die Verzweiflung treibt.
Letzte Frage: Wann wird der letzte im Publikum lachen?
Dijkema: Hier muss ich ja fast philosophisch antworten. Also, bei einer Komödie ist es wichtig, dass es viel zu lachen gibt. Aber noch wichtiger ist das gemeinsame Erleben von Komik. Der Witz kommt erst, wenn sich alle trauen, laut zu lachen.
Am Rande
Musikalische Leitung: Chanmin Chung
Regie und Bühne: Michiel Dijkema
Kostüme: Jula Reindell
Choreinstudierung: Jori Klomp
Dramaturgie: Isabelle Becker
ab 13.1.
„Il viaggio a Reims“
19.30 Uhr, Großes Haus, Theater Aachen
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