Nationale und internationale Modeblogger, Künstler und Journalisten lassen sich das Event ebenso wenig entgehen wie modeinteressierte Grenzstädter. Einer von ihnen ist der Aachener Designer Marco Iannicelli.
Von Larissa Baumsteiger
Vor neun Jahren hat der 34-jährige Produktdesigner Marco Iannicelli beim ersten „Fashionclash Festival“ mitgemacht. Wie er sich seitdem als Produktdesigner auf dem internationalen Markt etablieren konnte, welche Erfahrungen er beim größten Modeevent für aufstrebende Designer der Euregio gesammelt hat und wie treu er seinen Bonsai-Bäumen ist – das alles hat er bei einem Besuch in seinem Atelier erzählt. Angekommen auf dem riesigen Fabrikgelände auf der Jülicher Straße, muss man aber erstmal den Weg zum Lastenaufzug finden. Im dritten Stock angekommen, durchquert man Gänge und Räume, die sich im absoluten Umbauchaos befinden. Und schon starrt einen eine extrabreite, schwere Metalltür an, die sich zu Marcos kreativem Reich öffnet. Ein absolutes Kontrastprogramm. Fünf Meter hohe Decken, große Fenster im Fabrik-Flair und alte, weiß gestrichene Steinwände. Beim Eintreten in den Raum blickt man auf Werkzeugbänke und Maschinen für die Verarbeitung der Materialien. Mit einem Blick nach rechts fällt die gemütliche Sitzecke mit einer alten Couch, stylischen Sesseln, einem Tisch in der Mitte und einer von Marcos großen Lampen mit Parallelogramm-Mechanismus ins Auge. Einmal um die Ecke geschaut, schwebt eine große Empore aus Spanplatten über dem Materiallager. Zusammen mit vier weiteren kreativen Köpfen teilt sich Marco die Räumlichkeiten. Aber wer ist eigentlich Marco Iannicelli? Der gebürtige Aachener mit Wurzeln in Kalabrien hatte „schon immer eine kreative Ader“.
2010 machte er seinen Abschluss als Produktdesigner an der Academy of Fine Arts in Maastricht. Seitdem folgt er ganz seinem Motto: „Meine Sachen müssen existieren. Das treibt mich an.“ Berlin, Düsseldorf oder Hamburg sind für ihn keine Option: „Ich brauche keine Stadt als Inspiration.“ Denn alles, was er braucht, findet er in Aachen. Kontakte, Freunde, Familie und seine Werkstatt. Im Jahr 2011 erhielt er seine erste Auszeichnung, den „Kultur- und Kreativpilot Deutschland“. Im selben Jahr wurde er mit dem „Creative Drive“-Award ausgezeichnet, der ihm am meisten bedeutet: „Das war schon relativ sex“ Trotz seines Erfolgs lebt er nach eigener Aussage „eher bescheiden“. In seiner eigenen Wohnung befänden sich neben ein paar Designklassikern, einem Schreibtisch von Ikea und seinem selbstgebauten Wohnzimmertisch aus einer Kabeltrommel, seine sieben Bonsai-Bäume, die er seit 18 Jahren hegt und pflegt. „Meine Bonsai-Bäume haben den besten Platz in meiner Wohnung. Mit Blick auf den Balkon.“
Funktionierender Waldluxus
Inzwischen hat sich Iannicelli auf dem internationalen Markt mit seinen Einrichtungsgegenständen, exklusiven Einzelstücken und Kleinserien einen Namen gemacht. Seine Produkte werden in der Regel von Galerien rund um den Globus ge- und verkauft. Inspiriert von Technik und Natur, leiten sich seine Entwürfe auch von den jeweiligen Materialien ab. So entstehen Lampen aus Ästen, Hocker mit einer Sitzfläche aus Beton, eine Couch mit Korkbezug oder eine Spielekonsole aus Marmor.
Letztere wurde im Mai in Mailand und auf der Architektur-Biennale in Venedig ausgestellt. Die meiste Zeit steckt Marco jedoch in das Design seiner Lampen, die in mehreren Ausführungen gebaut und als Luxusgegenstände verkauft werden. Eine Woche dauert es, bis eine Lampe fertig ist. Doch die ersten Arbeitsschritte beginnen zwei Jahre im Voraus.
Im Herbst, wenn die Bäume gefällt werden, macht sich Iannicelli auf den Weg in den Wald, um nach passenden Ästen aus den Baumkronen der gefällten Bäume zu suchen. Leichter gesagt als getan. Bis er einen guten Ast entdeckt hat, kann es Stunden, wenn nicht Tage dauern. „Meine klare Vorstellung von den Proportionen der Äste blockiert mich manchmal und lässt mich bei der Suche nach guten Ästen verzweifeln“.
Mit den zufriedenstellenden Ästen in der Werkstatt angekommen, müssen sie zwei Jahre lang trocknen. Mittlerweile hat er die einzelnen Verarbeitungsschritte so perfektioniert, dass die Lampen am Ende funktionieren. Maximal 3.900 Euro kostet eine große Lampe von Marco Iannicelli. Auf die Ware wartet man momentan noch circa sechs Wochen. Sein Ziel für die nächsten Jahre ist es, seine Standard-Lampen in Serie zu produzieren, um noch autonomer als Designer arbeiten zu können.
Festival-Teilnehmer
2009 fand zum ersten Mal das „Fashionclash Festival“ in Maastricht statt. Marco Iannicelli bekam als Student der Academy of Fine Arts die Möglichkeit, beim Festival mitzuwirken. Mit dem Entwurf eines Kleids, das durch zwei Stühle, die am Dekolleté und am Hintern festgemacht wurden, geprägt war, machte er auf die Schönheit des weiblichen Körpers, wie dem von Marylin Monroe, aufmerksam.
Das gesamte Kleid wurde zusammengetackert. „Ich hatte einfach Bock, ein extra Projekt zu machen“. Und apropos „Fashionclash“: Was trägt denn ein Designer so für Klamotten? „Casual mit ein bisschen BMX-Einflüssen.“ Wenn es aber doch mal exklusiver sein soll, kommen auch mal die engere Jeans und das Jackett zum Einsatz. Die Teilnahme am Modefestival brachte ihm Erfahrungswerte: „Es war einfach cool“.
Eine Teilnahme rät er allen jungen Designern. Und allen Designinteressierten den Besuch in Maastricht zwischen dem 15. und 17. Juni 2018. Auch er wird als Besucher vorbeischauen. Um junge Talente zu entdecken. Denn eines steht fest: Auch Marco Iannicelli war mal ein vielversprechendes Talent. Und jetzt ist er ein etablierter Designer. Dranbleiben lohnt sich eben. Wie die Pflege von Bonsai-Bäumen.
Das Festival
2009 wurde das internationale Modefestival„Fashionclash“ in Maastricht ins Leben gerufen. Das Festival bietet eine Plattform für unbekannte und neue Designer und Künstler. Neben Fashion-Shows gibt es Ausstellungen, Märkte, Theater, Projekte, Zusammenarbeiten und weitere Programmpunkten. Ziel ist es, Talente, verschiedene Disziplinen, Kulturen mit Menschen über die Grenzen hinaus zu verbinden. \
Das Programm In diesem Jahr steht das Motto „Fashion My Religion!“ im Fokus. Vom 15. bis 17. Juni 2018 finden verschiedene Shows mit über 100 Designern und Künstlern aus der ganzen Welt statt. Mit dem Motto wird auf die heutigen Beziehungen zwischen Religion und Geschlecht, Kleidung und Haarstil aufmerksam gemacht. Für die diesjährige Kampagne wurden Kuchen gebacken, die in Form der Lieblings-Kleidungsstücke der „Fashionclash“-Gründer gebacken sind. Die Message hinter den Kuchen ist klar: Die Relevanz, immer mehr Klamotten zu produzieren, wird immer weniger. \
Homepage von Marco Iannicelli
Homepage "Fshionclash"
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