Von Lillith Bartczak und Belinda Petri
Angefangen hat alles Ende der zwanziger Jahre in Alsdorf. Für ein paar Pfennig zeigten reisende Cinematographen im Tanzcafé Thalia ihre „bewegten Bilder“. Heute gehören zum Kino-Betrieb der Familie Stürtz der Cinetower Alsdorf sowie die drei Aachener Kinos Cineplex, Capitol und Eden Palast. Außerdem führen sie seit einigen Jahren das sehr erfolgreiche Restaurant „Zwei Brüder“ im Cinetower. Klenkes-Redakteurin Lillith Bartczak und Gastro-Redakteurin Belinda Petri haben mit Moritz und Sebastian Stürtz über die bewegte Familiengeschichte, die aktuellen Entwicklungen und ihre ungebrochene Leidenschaft für das Kino gesprochen.
Dass die beiden wissen, wovon sie sprechen, wird sofort deutlich, wenn man sich mit Sebastian und Moritz Stürtz über Kino unterhält. Die Begeisterung wurde ihnen ja auch sprichwörtlich in die Wiege gelegt: Schon seit über 80 Jahren ist die Familie Stürtz im Lichtspiel-Geschäft tätig. Das erste „echte“ Kino der Familie, das Atrium Theater, entstand im Jahr 1938 in den Räumlichkeiten des Tanzcafés Thalia. Betrieben wurde es von der Tante von Leo Stürtz senior, dem Großvater der heutigen Geschäftsführer Moritz und Sebastian. Der junge Leo verbrachte in diesem Kino seine Kindheit und begleitete regelmäßig die Stummfilme am Klavier.
Dieser Leo war es, der rund 20 Jahre später nach langer Kriegsgefangenschaft nach Alsdorf zurückkehrte und mit dem Gloria Theater das zweite Stürtz-Kino eröffnete. Er traf damit genau den Puls der Zeit, denn Kino war in den 1950er Jahren beliebt wie nie. Die Söhne von Leo Stürtz senior sahen im Familienbetrieb jedoch nicht unbedingt ihre Berufung. Leo Stürtz junior, Jahrgang 1958, machte zunächst eine Ausbildung zum Elektriker, sein Bruder Willi lernte bei Kronenbrot. Doch dann starb Leo Stürtz senior unerwartet und die Brüder waren gefragt. Sie übernahmen das Unternehmen und manövrierten es erfolgreich durch die Jahre des großen Kinosterbens. Ruhe kehrte allerdings auch dann nicht wirklich ein: Anfang der 80er wurden aus dem großen Atrium Theater zwei kleine Säle, ein paar Jahre später wurde das Gloria Theater in das Gebäude des Atrium Theaters integriert.
1994 entstand mit dem Forum der zu jener Zeit modernste Kinosaal NRWs. Sebastian Stürtz erinnert sich, dass sein Vater, ein begeisterter Hobby-Tontechniker, hier einen gebrauchten Subwoofer einbauen wollte, der bereits auf Konzerten von Michael Jackson zum Einsatz gekommen war. Bei der Installation kam es jedoch zu Problemen, der leistungsstarke Lautsprecher brachte den ganzen Kinosaal zum Vibrieren. Die Lösung: „Der Lautsprecher wurde kurzerhand einbetoniert und dann hat es funktioniert!“
Da hatte die Familie bereits das nächste Projekt in der Pipeline und wurde dafür zunächst nur belächelt. Einen alten Wasserturm in ein Kinozentrum umbauen? Doch Familie Stürtz wagte den Schritt und 1997 eröffnete der Cinetower. Auch Oma Thea war damals noch mit von der Partie und teilte ihren großen Erfahrungsschatz: „Als wir 2009 unseren ersten 3D-Projektor bekommen haben, meinte Oma Thea nur ganz trocken: „Das hatten wir schon in den 70ern mit dem ‚weißen Hai‘“, erinnern sich die Brüder.
Anfang der 2000er Jahre wäre beinahe Schluss gewesen mit Stürtz-Kino in Alsdorf: Ein großes Angebot aus München flatterte ins Haus. Die Versuchung war groß, doch was sollte dann aus dem Cinetower werden und wollte man den schulpflichtigen Söhnen wirklich einen Umzug zumuten? Am Ende siegte die Heimatverbundenheit und die Familie blieb. Stattdessen konzentrierte man sich auf die nähere Umgebung. Als das große Multiplexkino im Aachener Kapuzinerkarree im Jahr 2004 von einem auf den anderen Tag plötzlich leer stand, war die Familie Stürtz zur Stelle und nun auch in Aachen vertreten.
Inzwischen betreibt die Familie in Aachen nicht nur das Cineplex im Kapuzinerkarree, sondern auch den Eden Palast in der Franzstraße und das Capitol am Seilgraben. Das Herzstück ist und bleibt aber der Cinetower Alsdorf. Hier sind die Brüder aufgewachsen, hier haben sie als Kinder Popcorn verkauft und tonnenschwere Filmrollen geschleppt. Und hier wird ihre Leidenschaft und ihr großes Know-how besonders sichtbar. Zum Beispiel im nagelneuen Tower 7, der mit Technologie ausgestattet ist, die in so geballter Form nirgends sonst in Europa zu finden ist. Inklusive Liegesitze und D-BOX Motion-Sitze, den neuesten Sound- und Lichtsystemen und einem 4K HDR-Projektor, der eigens aus Kanada importiert wurde. Ein Kinovergnügen, das für eine Stadt wie Alsdorf nicht selbstverständlich ist.
Zum Konzept des Cinetowers gehört inzwischen auch die in Eigenregie betriebene Gastronomie namens „Zwei Brüder“. Leo Stürtz plante vor zwanzig Jahren den Alsdorfer Cinetower als Ort für den perfekten Ausgehabend, der unter einem Dach viele unterschiedliche Möglichkeiten vereint: mit einer urigen Kneipe, einem modernen Restaurant, einer Cocktailbar und einem Ort zum Feiern und Tanzen – für jeden Gast und jeden Anlass sollte etwas Passendes dabei sein. Auch wenn man sich zwischenzeitlich vom Pächterkonzept für die Gastronomie verabschiedete, bedeutet für die Familie Stürtz auch in vierter Generation, dass der Cinetower ein „Wohlfühlort“ sein soll.
Am 21. Oktober 2017 eröffneten Sebastian und Moritz Stürtz das Restaurant “Zwei Brüder” mit ansprechendem Konzept und modern-zeitgemäßem Interieur. Der Gedanke des gemeinsamen Essens und Trinkens mit Freunden steht im Vordergrund. Klassische Gerichte werden neu interpretiert und serviert, beispielsweise bei den Pasta Fritti (gefüllte und frittierte Teigtaschen 6,50 Euro), die als Vorspeise oder Snack mit verschiedenen Dips serviert werden. Oder den außergewöhnlichen, rechteckig geformten und kreativ belegten Pizzen (ab 7,70 Euro), die ganz untypisch auf einem Holzbrett mit einer Pizzaschere – aber damit so authentisch wie Rom selbst – serviert werden. Oder die kleinen Desserts, die in Gläschen arrangiert auch als Kombination erhältlich sind, und sich wie Vieles auf der Karte zum Teilen, Tauschen und gemeinsamen Probieren anbieten. Darüber hinaus gibt es Burger (ab 10,70 Euro) oder Steak mit knuspriger Grillkruste vom 800 Grad Grill (ab 17,90 Euro), eine große Auswahl an Salaten sowie Aktionsangebote wie die Chicken Bowl (11,90 Euro). Die unterschiedlichen Bereiche des Restaurants bieten vielfältige Möglichkeiten, vom Essen vor oder nach dem Kinobesuch über einen Drink an der Bar bis zu angemieteten Räumlichkeiten für Events oder Feierlichkeiten.
Und auch in Aachen kann man Kino und Kulinarik gemeinsam erleben: Während das Gastronomieangebot im Aachener Cineplex im Kapuzinerkarree nach einem für den Pächter nicht tragbaren Rechtsstreit um den Restaurantnamen „Burgermeister“ eingestellt wurde und die unmittelbare Umgebung ein ausreichendes Angebot zum Essen und Trinken vor oder nach dem Kinobesuch bietet, hat die Familie Stürtz beim Umbau des Capitolkinos auch ein bemerkenswertes gastronomisches Konzept umgesetzt: Das im Stil der 1950er Jahre ausgestattete Kino verfügt über eine großzügig gestaltete Bar mit Loungebereich vor der großen Leinwand. Die Getränke – Softdrinks, Bier, Wein und Cocktails – werden stilsicher in Gläsern serviert und können an kleinen Nierentischen mit dimmbaren Tischleuchten abgestellt werden. Dazu werden herzhafte Snacks und die „Zwei Brüder“-Currywurst im Weckglas angeboten. \
Am Rande
Cineplex – das hört sich nach international agierendem Kinokonzern an, doch tatsächlich handelt es sich dabei um einen Zusammenschluss unabhängiger, mittelständischer Kinounternehmen. Die 90 Cineplex-Kinos in Deutschland werden von 26 verschiedenen Betreibern geführt, viele davon schon in der dritten und vierten Generation. Die Familie Stürtz und ihre Kinos gehören seit 2006 zur Cineplex-Gruppe. \
Website "Cinetower Alsdorf"
Website "Cineplex Aachen"
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