„Ich will eine Kerbe im Universum hinterlassen“ lautete das unbescheidene Lebensmotto von Steve Jobs. Auch wenn dem Universum das Treiben auf der Erde wahrscheinlich ziemlich schnurz ist, so hat der Apple-Mitbegründer zumindest unseren Alltag nachhaltig verändert. Ihm gelang der Brückenschlag zwischen Mensch und Maschine, indem er den Computer als Reflexion und Erweiterung der Persönlichkeit seiner Nutzer definierte.
Danny Boyle („Slumdog Millionär“) und Drehbuchautor Aaron Sorkin („The Social Network“) haben ihren Film über den High-Tech-Guru als Backstage-Drama organisiert, das 1984 einsetzt, als Jobs (Michael Fassbender) der Weltöffentlichkeit den neuen Macintosh vorstellt. Kurz vor Präsentationsbeginn gibt es noch technische Probleme und Jobs macht seinen Programmierer Andy Hertzfeld (Michael Stuhlbarg) zur Schnecke.
Wenn Jobs die Bühne betritt
Dicht auf den Fersen beim Gang durch die Flure ist ihm stets Marketing-Chefin Joanna Hoffman (Kate Winslet) – die Einzige, die Jobs das Wasser reichen kann. Während der Countdown läuft, herrscht reges Treiben in der Garderobe. Der Geschäftsführer John Sculley (Jeff Daniels) will auf den Erfolg des Unternehmens anstoßen, Apple-Mitbegründer Steve Wozniak (Seth Rogen) besteht auf der öffentlichen Anerkennung seines Teams und die Ex-Freundin Chrisann Brennan (Katherine Waterston) fordert Unterhaltszahlungen für die gemeinsame Tochter, auch wenn Jobs die Vaterschaft hartnäckig bestreitet. In dem Moment, in dem Jobs die Bühne betritt, spult der Film um einige Jahre vor.
„Steve Jobs“ ist als theatraler Dreiakter angelegt, der sich von einer Produktpräsentation zur nächsten bewegt. Das Erzählkonzept funktioniert ein wenig wie eine Familienaufstellung: Über die Jahrzehnte hinweg tauchen dieselben Protagonisten auf und konfrontieren den hochgestressten Jobs mit ihren Forderungen – ein interessanter Drehbuchkniff, der in der dritten Wiederholung allerdings an seine Glaubwürdigkeitsgrenzen gerät.
Dennoch: Was Boyle und Sorkin hier präsentieren ist dramaturgisches Multitasking auf höchstem Niveau. Alle Beteiligten sind permanent in Bewegung, während Geschäftspolitik und Privatleben in schnellen, messerscharfen Dialogen verhandelt werden. Michael Fassbender absolviert diese verbale Herkules-Aufgabe vollkommen unangestrengt und balanciert die intellektuelle Brillanz, das kalte Machtkalkül und soziale Unvermögen seiner ebenso genialen wie monströsen Figur perfekt aus. \
Martin Schwickert
„Steve Jobs“
USA 2015 // R: Danny Boyle
Start: 12.11.
Am Rande:
Oscar in Sicht?
Im Rennen um die nächsten Oscars gilt „Steve Jobs“ schon jetzt als einer der Favoriten. Schenkt man den Buchmachern Glauben, haben insbesondere Michael Fassbender und Kate Winslet gute Chancen auf den Goldjungen sowie andere wichtige Branchenpreise.
Als Drehbuchgrundlage diente die von Walter Isaacson verfasste Biografie, die der 2011 an einem Krebsleiden verstorbene Jobs unbescheiden wie immer noch höchstpersönlich in Auftrag gab. \
Bewertung der redaktion
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