Grund genug um den Schriftsteller noch einmal zu Wort kommen zu lassen, dachte sich Schauspielerin Anush Manukian und inszenierte eine literarische Retrospektive des scharfzüngigen Autors.
Sein unverwechselbarer spontaner Stil machte ihn bereits zu Lebzeiten zu einer internationalen Berühmtheit und noch heute gilt er für viele als Inbegriff des US-amerikanischen Schriftstellers. „Vorher gab es nichts. Seitdem gab es nichts, was dem gleichkommt“, schrieb einst sogar Ernest Hemingway über den Meilenstein „Huckelberry Finn“.
Vor 100 Jahren starb Samuel Langhorne Clemens, besser bekannt unter seinem Pseudonym Mark Twain. Der Mann mit dem weißen Krauskopf, Oberlippenvollbart und mürrischem Blick. Anush Manukian stellte sich die Frage, was er wohl zu seinem Todestag zu sagen gehabt hätte. Sie kämpfte sich quer durch Twains Lebenswerk und schlüpfte – falsches Geschlecht hin oder her – in die Rolle des Satiremeisters. Manukian erweckt den Autor, samt krausem Haar, in ihrer Hommage wieder zum Leben und spricht neben offenem Sarg und Rednerschemel zu den Zuschauern. Dabei bekommt das Publikum literarische und persönliche Höhepunkte Twains Leben geboten und Manukian stellt eines ganz gewiss unter Beweis: Twains zeitlosen Humor.
Sehen- und hörenswert ist vor allem der erste Teil der Ein-Mann/Frau-Show, in dem Twains Aufsatz „Die schreckliche deutsche Sprache“ quasi zwangsläufig für beipflichtende Lacher sorgt. Denn wer kann Twain schon widersprechen, wenn es um die Regellosigkeit deutscher Artikel, verstörende Parenthese oder die Lehre der trennbaren Verben geht? Da wird der Sargdeckel kurzerhand zur Schultafel, vor der Manukian mit flinker Mimik und kräftiger Stimme die stichelnden Worte vorträgt. Es ist die Twainsche Schlagfertigkeit und Redekunst, wie man sie aus seinen Werken kennt. Zwar schließt die Hommage Twains bekannteste Werke wie „Huckelberry Finn“ oder „Die Abenteuer von Tom Sawyer“ komplett aus, greift aber dafür persönliche Briefe und Tagebucheinträge des Autors auf und stellt dessen satirische Spontanität und Lebensfreude seinem bitteren Wirklichkeitssinn gegenüber. Denn bei Wortjongleur Twain trifft Realist auf Phantast, und Bitterkeit auf leichten Wortwitz.
Manukians Darstellung, in der Twain mit einem „lachendem und einem weinendem Auge“ auf der Bühne agiert, grenzt an eine kurze Charakterstudie, die dem Original alle Ehre erweist. Obgleich zwei Stunden spürbar wenig Zeit für Twains Lebenswerk sind, greift die Hommage zentrale Eigenschaften seiner Literatur und seiner Person auf. Neben etwas Reminiszenz hat der Abend vor allem unterhalten.
Text: Sabine Hausmann
Foto: Ludwig Moll
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