Von Tanja Sprungala
Der brave Brigadier Don José verliebt sich in die Zigeunerin Carmen. Diese Liebe führt dazu, dass er sein bisheriges Leben notgedrungen aufgibt und sich von Carmen zu einem freiheitlichen, von bürgerlichen Schranken gelösten Leben überreden lässt und sich ihrer Schmugglerbande anschließt.
Dort wacht er zunehmend eifersüchtig über Carmen, die seiner dadurch schnell überdrüssig wird. Sie hat sich inzwischen in den Torero Escamillo verliebt. Am Ende stellt José Carmen vor die Wahl: entweder ein Leben mit ihm oder den Tod.
Bravouröse Inszenierung von Michael Helle
Als Carmen ihn endgültig zurückweist, nimmt das Drama seinen Lauf und Don José ersticht sie. Bizets Carmen ist wohl eines der populärsten und meistgespielten Werke des Opernrepertoires.
Was kann man aus diesem Stück noch machen? Das zeigt Michael Helle bravourös mit seiner Inszenierung. In erster Linie gelingt ihm dies, indem er seine Carmen „entfolklorisiert“ und dadurch den Kern des Werkes in den Fokus rückt: die Beziehung zwischen dem vom traditionellen Männerbild geprägten, besitzergreifenden José und der freiheitsliebenden Carmen.
Helle zeigt Carmen als die, die sie ist: eine emanzipierte Frau, die eher stirbt als in irgendwelchen Schranken gefangen zu sein. Drumherum lässt er das Schmugglertableau kreisen, unaufdringlich und dennoch herrlich originell gestaltet. Eine phantastische Regieleistung mit überragender Personenführung, wobei er von einem glänzend aufgelegtem Ensemble, allen voran Sanja Radisic als Carmen, kongenial begleitet wird.
Kazem Abdullah – umjubeltes Debut
Mit Carmen gibt der neue GMD Kazem Abdullah ein erfolgreiches und umjubeltes Debut. In der kurzen Zeit, so hört man, sind das Sinfonieorchester und er zu einer Einheit zusammen gewachsen.
Es wird herrlich nuanciert musiziert: Die Leidenschaft und Dramatik dieser Musik erstrahlt ebenso wie die lyrischen Passagen fein und transparent durch die Luft schweben. Selten hat man diese Partitur so meisterhaft umgesetzt hören dürfen. Abdullah ist ein wunderbarer Sängerbegleiter. Sanja Radisic gibt die Carmen mit erotischer Stimme und beweist hohe Musikalität. Ihre Habañera ist ein Kabinettstück, wie selten gehört.
Standing Ovations. Zu Recht!
Auch darstellerisch haut sie die Zuschauer vom Sockel. An ihrer Seite singt Jon Ketilsson einen José mit schönem, baritonal gefärbtem Tenor und viel Leidenschaft. Katharina Hagopian singt eine anrührende Micaela, leider aber mit einigen Schärfen in der Höhe. Sam Handleys Escamillo ließ etwas spanisches Feuer vermissen, verfügt jedoch über eine samtweiche, eingehende Stimme.
Das Schmugglerquartett (Astrid Pyttlik, Jelena Rakic, Patricio Arroyo und Louis Kim) gibt herrlich gestaltete, schräge Charaktere und ist stimmlich sehr überzeugend. Auch der Rest des Ensembles war hervorragend, ebenso wie der wundervolle Chor. Zu Recht gab es Standing Ovations. ///
7. (18 Uhr), 11., 13. 19. und 21.10. „Carmen“ 19.30 Uhr, Theater Aachen, Bühne
Karten gibt’s bei KlenkesTicket im Kapuziner Karree
WEITEREMPFEHLEN