„Für mich persönlich war 2017 ein wirklich großartiges musikalisches Jahr.
Einen wie mich, der Genre-Scheuklappen extrem verabscheut, haben dieses Jahr viele Sachen sehr begeistert: Bands und Künstler, die Grenzen in Frage stellen, sie überwinden und sprengen. Diese Künstler verstehen Klassik, Jazz, Indie-Rock und elektronische Musik nicht voneinander getrennt, sie machen frei vom kommerziellen Mainstream anspruchsvolle Musik. Mir gefällt der Gedanke, stilistisch und gedanklich weltoffen zu sein, sich im Konzerthaus ebenso zuhause fühlen zu können wie in einem alternativen Club.
Toll fand ich zum Beispiel das neueste Album der Techno-Künstler Tale of Us, welches bezeichnenderweise auf der altehrwürdigen „Deutsche Grammophon“ erschien oder die Musik von Martin Kohlstedt, Stimming&Lambert, Hauschka, Max Richter oder Francesco Tristano. Im Club ging es auch immer mehr in Richtung Live-Performance. Leuten wie Kink, Extrawelt oder Fjaak und vielen anderen zuzuschauen, wie sie elektronische Musik live kreieren, hat für mich deutlich mehr Spannung als dem x-ten DJ zu lauschen. Und es herrscht dann meist eine ganze andere Stimmung als bei den üblichen Techno-Gewummer-Nächten. Aber auch in der „gängigen“ Club-Musik gab es Veränderungen, auch wenn die meisten Dinge nicht wirklich neu waren, sondern nur vielleicht in der Fülle und der breiten Akzeptanz dieses Jahr hervorstachen. Ganz groß: Weltmusik meets Techno. Dixon’s Innervisions Label hatte mit der afrikanisch inspirierten Nummer „Toukan“ (von Raoul K., Manoo & Ahmed Sosso) einen der Tracks des Jahres; auch insgesamt war wieder ein großer Einfluss der afrikanischen Musik zu spüren. Online-Händler Beatport fügte beispielsweise die Kategorie „Afro House“ zu den sonst gängigen Genrebezeichnungen ein.
Mit „Raving Iran“ zum Beispiel gab es einen regelrechten Hype um die Protagonisten aus dem Iran, die sich mit elektronischer Musik gegen das System auflehnten. Egal ob Label wie Keinemusik, Diynamic oder Chapter 24 – die Grooves aus anderen Ländern sind hier angekommen. Acts wie Just Emma, Rey&Kjavik, Bedouin, Viken Arman oder Nu spielen jenen wunderbaren Sound in den Clubs dieser Welt. Die Musik entschleunigt mit elektronischen Beats, die großen Raum für – in Melodien gegossene – Gefühlslandschaften lassen. So kann es von mir aus 2018 weitergehen! \
WEITEREMPFEHLEN