Von Sebastian Dreher
Wer Birgit Franchy in ihren Redaktionsräumen besucht, erlebt eine Überraschung. Die liegen nämlich nicht in einem Loft, Fabrik- oder Bürogebäude, sondern in einer Eckkneipe in Burtscheid. „Zum alten Casino“ ist zwar schon lange kein Treffpunkt mehr für das abendliche Bierchen, das Interieur hat sich allerdings kaum verändert.
Aschenbecher, Biergläser aller Art, Flaschenschiffe, Jesusfiguren, Porzellanhunde und -rehe, selbst ein quietschbuntes Stoffeinhorn blickt den staunenden Besucher an. „Ja, ich habe einen Hang zum Kitsch“, gesteht die Gastgeberin. „Deswegen habe ich das meiste so gelassen, wie es war.“ Und noch einiges dazugestellt, wie es scheint. „Kaffee? Auerhahn oder Jagdszene?“ Gemeint ist die Verzierung auf dem irdenen Kaffeepott.
Informations-Talent
Franchy wurde in Rumänien geboren. Eine „Siebenbürger Sächsin“, wie sie sich selbst nennt. Ihr Vater hat sich aus der Sowjetzone abgesetzt, der Rest der Familie konnte später legal ausreisen. „Wir waren unter den deutschstämmigen Rumänen, die 1975 freigekauft wurden“, erinnert sie sich. Da war sie vier Jahre alt. Seitdem ist sie viel herumgereist, München, Stuttgart, Jülich – elf Mal ist sie umgezogen, selbst in den USA hat sie kurzzeitig gelebt.
Nach ein paar Semestern an einer privaten Kunstschule kam sie 1992 nach Aachen und begann an der Fachhochschule ein Grafikdesignstudium.
„Es hat mich geprägt, dass ich in jeder Stadt wieder von Neuem anfangen, mich neu orientieren musste“, sagt Franchy. „Ich bin ein Profi im Informieren geworden.“ Schnell merkte die alleinerziehende Mutter von zwei Söhnen, dass sie die Aachener mit Informationen zum Thema Familie versorgen wollte. Die Geschäftsidee war geboren.
Konsequenz die sich lohnt
Im Dezember 2003 kam die erste Ausgabe von KingKalli heraus. 5.000er Auflage, 24 Seiten auf Din A5 mit Adressen, Terminen und einem Magazinteil. „Ich sagte mir: ‚Wenn das erste Heft kein Minus macht, dann schaffe ich es‘.“ Und so kam es, die erste Ausgabe lag bei Plusminusnull. Mittlerweile hat KingKalli eine stabile Auflage von rund 22.000 Exemplaren.
Eine Begleiterscheinung ihres Lebens als Herausgeberin war, dass sie quasi ständig und überall arbeitete, auch abends und am Wochenende. Da half, dass sie schon immer viel gejobbt hat. „Seit meinem 14. Geburtstag wollte ich von meinen Eltern kein Taschengeld mehr.“
In der Anfangszeit von KingKalli hatte Franchy wegen der Finanzierung regelmäßig Panikattacken – nicht zuletzt wegen der sorglosen Zahlungsmoral einiger Kunden. Dazu kamen die Gewissensbisse, ob sie ihren Kindern genügend Zeit widmen kann. „Gegen Ende der Produktion arbeite ich mehr oder weniger durch“, sagt sie. Einkaufen, Haushalt und auch Freunde müssen da schon mal hinten anstehen. „Da geht es mir genauso wie anderen Selbständigen!“\
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