„Ich hatte gesagt, ihr sollt die Requisiten rüberbringen. Warum ist das nicht passiert?“ Eckhard Debours energischem Tonfall ist anzumerken, dass es bei der heutigen Durchlaufprobe um Einiges geht. Denn mit der Inszenierung „Heilige Schlachthöfe“, basierend auf dem Brecht-Stück „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“, soll der 20. Geburtstag des rohestheater gefeiert werden. Die Thematik des Stücks ist -wegen der anhaltenden Finanzkrise aktueller und ernster denn je.
Dass es auch ihnen ernst ist, merkt man den Schülern trotz anfänglicher Unkonzentriertheit an. Nicht nur, dass sie sich bereits Monate vor der Premiere -jeden Freitag nach der Schule und an vier Probenwochenenden der Bühnenkunst verschreiben, einige sind sogar trotz offensichtlicher Krankheit angetreten. Ein Erkälteter räkelt sich im Schlafsack auf zwei aneinander gestellten Stühlen, ein Magenkranker muss hin und wieder an die frische Luft.
Die Theatergruppe der Mies-van-der-Rohe Schule ist 1992 aus einer AG hervorgegangen, schon damals unter der Verantwortung des künstlerischen Leiters Eckhard Debour. Engagierter als manch anderes Schultheaterprojekt befasst sich die Gruppe seit jeher mit Bühnenklassikern wie „Warten auf Godot“ (2007/2008), „Woyzeck“ (1996/1997) oder „Der -Besuch der Alten Dame“ (1992/1993), bringt aber auch Eigenproduktionen („Deutschland im Fett“, 2003/2004), Kindertheater („Amerika ist rund, 2004/2005) oder Bearbeitungen („Nathan – Tod -eines Weisen“, 1994/1995) auf die Bühne. 25 Produktionen, über 200 Aufführungen, rund 500 Mitwirkende – das sind Zahlen, die für sich sprechen. Darüber hinaus war das rohestheater schon zweimal beim renommierten Theatertreffen der Jugend innerhalb der Berliner Festspiele zu Gast und spielt regelmäßig bei Festivals im In- und Ausland.
„Dieses Jahr brechen wir bewusst mit unseren Prinzipien“, sagt Debour. „Anstatt auf Bewegungstheater zu setzen – denn das können unsere Schüler am -besten –, versuchen wir es mit klassischem Sprechtheater.“ Diesen realistischeren Ansatz will der Deutsch- und Religionslehrer mithilfe seines Co—Regisseurs Fredrik Jan Hofmann durchsetzen. Der Schauspieler hat zwei Jahre lang den Jugendclub „U21“ des Theater Aachen geleitet. Von der Qualität des rohestheater ist er überzeugt. „Die Schüler haben während der Proben wahnsinnige Fortschritte -gemacht.“
Und es gibt noch einen weiteren Unterschied zu den Produktionen der vergangenen Jahre. „Mit dem Stück von 2011, ‚Worte grenzen meine Welt’, haben wir das Publikum gerührt“, sagt Debour. „Brecht ist nicht emotional, sondern politisch – und in diesem Sinne werden wir das Stück auch umsetzen.“
Zusätzlich zu der Brecht-Adaption wird im Jubiläumsjahr eine weitere Produktion mit ehemaligen Schülern in Angriff genommen. Unter den Augen von Debours langjähriger Co-Regisseurin Sarah Mehlfeld soll Anfang Juni ein Stück zu sehen sein, dass an Lewis Carrol´s Kinderbuchklassiker „Alice im Wunderland“ angelehnt ist.
Doch das ist noch Zukunftsmusik. „Im Moment konzentrieren sich die Schüler voll und ganz auf die Premiere von ‚Heilige Schlachthöfe‘“, so Debour. „Da will jeder sein Bestes geben.“ /// Sebastian Dreher
23.3.
„Heilige Schlachthöfe“
Ein Stück Brecht (Premiere)
20 Uhr, Mies-van-der-Rohe-Schule
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