Lange wurde die Fotografie als Kunstform stiefmütterlich behandelt. Mit dem digitalen Zeitalter erfährt die Fotografie eine ganz neue Wertung. Im September gibt es zahlreiche Ausstellungen zu entdecken und in Köln läuft die Weltleitmesse für Fotografie und Videotechnik.
Portraits und Positionen
Auch in der Ausstellung im Kunsthaus NRW Kornelimünster spielt die Fotografie eine Rolle: Stephanie Gudra (*1981) irritiert mit einem großformatigen Bild von gescanntem Staub, bei dem das winzige, normalerweise unsichtbare Detail zum Universum wird.
Der Ruff-Schüler Sebastian Riemer (*1982) setzt sich mit scheinbar perfekten Fotografien auseinander, feine Linien in den nachgezogenen Augenbrauen des feschen Damenporträts und der mit pastosem Strich freigestellte Hintergrund des Sportlerbildes machen die Retusche des Fotografen regelrecht zur Malerei. Ein Gattungswechsel, der erst durch die abstrahierende Vergrößerung sichtbar wird.
BIP - Foto-Biennale in Lüttich
Zum zehnten Jubiläum hat sich die Lütticher Foto-Biennale einen neuen Namen gegeben: Das markante Kürzel „BIP“ steht ab sofort für „Biennale de l’image possible“ – das mögliche Bild als zentrales Thema der Fotografie.
Zum ersten Mal wird es im Stadtteil Outremeuse einen zentralen Ausstellungsort geben, an dem auf rund 1.500 Quadratmetern die Werke von sieben Künstlern gezeigt werden.
Im Eingangsbereich der Manège stimmt das Video „The Art of Flying“ von Jan van Ijken auf die Ausstellung ein: Unmengen von Vögeln formieren sich in immer wieder neuen Choreografien zu Schwärmen und gehen wieder auseinander. Im Dunkel des Innenraums läuft man direkt auf die Videoinstallation „A Letter can always Reach its Destination“ des Künstlerpaares Joana Hadjithomas und Khalil Joreige zu und sieht sich mit einer verwirrenden holografischen Projektion konfrontiert. Stark auch ihre Reihe „Faces“: Die in den Straßen aufgehängten Bilder von ermordeten Männern verschwinden langsam durch Verblassen und Verwitterung.
Der Ire Richard Mosse präsentiert Kriegsaufnahmen aus der Demokratischen Republik Kongo. Die Infrarotaufnahmen auf Kodak Aerochrome, einem speziellen, normalerweise vom Militär genutzten Film, verschieben das Farbspektrum zu einem kräftigen Pink, was die bewaffneten Soldaten und die Landschaft völlig surreal erscheinen lässt -die Tragödie in beklemmender Schönheit.
Nach einem kurzen Spaziergang über den Campus erreicht man den Hangar B9, der schon bei den letzten Biennalen als Ausstellungsort genutzt wurde. Hell und luftig präsentiert sich die von Pierre Muylle und Stéphanie Levecq (MADmusée) kuratierte Ausstellung „Transcendent DIY“, in der geistig behinderte Künstler, Outsider und Künstler „außerhalb der Norm“ ihre Positionen präsentieren. Dazu zählt auch der Schweizer Augustin Rebetez, von dem das Titelmotiv der BIP stammt: Eine geballte Faust mit Stoff- und Farbflecken vor schwarzem Hintergrund, die viel Raum für Interpretation lässt.
Mit Wiederverwertung, Basteln und Neuanordnung schaffen die Künstler ganz unterschiedliche Collagen von beeindruckender Intensität – mitunter aber auch Banalität.
Neben einem prallen Rahmenprogramm (u.a. BIPoff) finden im Rahmen der BIP auch deutschsprachige Führungen statt.
»> Infos zu Führungen
Kritischer Blick auf das Alter
In Maastricht läuft derweil im Centre -Ceramique noch die Ausstellung „Vervaldatum“. Die Fotografin Wanna Renata (*1966) geht mit 50 Porträts von alten Menschen in die aktuelle Diskussion um die Erhöhung des Rentenalters in den Niederlanden auf 67 Jahre. Eine abschliessende Debatte ist für den 2.10. vorgesehen.
Auf den Punkt
Das Suermondt-Ludwig-Museum hat 34 Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Walter Vogel (*1932) als Schenkung erhalten, die nun unter dem Titel „Schauplätze des Lebens“ im Kupferstichkabinett ausgestellt werden.
Als einer der wichtigsten deutschen Bildjournalisten, u.a. für das ZEIT-Magazin, thematisierte er die Rückkehr des Alltags in den Nachkriegsjahren ebenso wie den schroffen Charme des Ruhrgebiet und der Zirkuswelt; kompositorisch perfekt auf den Punkt gebracht und von hoher technischer Brillanz.
Starke Technik - Photokina in Köln
In neuen Farben, mit neuem Look and Feel und einem Feuerwerk neuer Ideen präsentiert sich die Photokina, die Weltleitmesse für Foto und Video“ – so der Werbetext der Photokina.
Profis, Händler, Hobbyfotografen und jugendliche „Smartphoner“ sollen mit dem Slogan „Die grenzenlose Welt des Imaging“ angesprochen werden. Ausstellungen, Wettbewerbe und Communities flankieren die Hochglanzschau der Technikboliden aller großen Hersteller.
Das Ganze findet vom 20. bis 25. September auf der Kölner Messe statt.
// Belinda Petri
Der Artikel erschien in leicht veränderter Form zuerst im KLENKES 9/2016.
Foto: Richard Mosse, Suspicious Minds/Le Manège (Pressefoto)
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