Im Oktober 1945 wird im Maison de la Radio in Brüssel erstmals eine Sendung in deutscher Sprache ausgestrahlt. Der Krieg ist gerade fünf Monate zu Ende und die Ostkantone sind wieder belgisch. Ein gewichtiger Grund, die deutschsprachigen Belgier mit einem eigenen Hörfunkprogramm zu versorgen. Entstanden war dies alles unter der Ägide der Rundfunkpionierin Irene Janetzky, die zwar in Brüssel wohnte, aber aus der Gegend um St. Vith kam. Die ersten Jahre waren beschwerlich. Das Budget war 1955 mit 100.000 Franken noch verschwindend gering und die Verbreitung in Ostbelgien mit nur zehn Prozent Reichweite mehr als unbefriedigend. Mit der Institutionalisierung der Medien in den 60er Jahren entwickelte sich eine Dynamik, die letztlich zu einer Verlagerung von Brüssel nach Ostbelgien führte.
1973 wurde der damals genannte BHF (Belgischer Hör- und Fernsehfunk) dem Rundfunkausschuss des Rates der deutschen Kulturgemeinschaft unterstellt. Die endgültige Abnabelung von Brüssel erfolgte 1977 durch ein Gesetz, welches zum belgischen „Rundfunk- und Fernsehzentrum für deutschsprachige Sendungen“ (BRF) führte. In der folgenden Zeit wurde der BRF quasi zum Hausender der Euregio und somit auch der Aachener. Der heutige BRF-Direktor Toni Wimmer: „Mitte der 90er Jahre war Aachen dann aus dem Fokus des BRF etwas zurückgedrängt worden. Der WDR hatte sich da entsprechend mit seinem Lokalstudio Aachen etabliert.“
Der BRF besann sich auf die ursprüngliche Zielsetzung: die Berichterstattung aus Ostbelgien für Ostbelgien. „Die Euregio stellt heute immer noch einen gewissen Fokus dar, aber die zentrale Ausrichtung liegt ganz klar – mit mindestens 80 Prozent - in Ostbelgien. Das hat auch dazu beigetragen, dass der BRF hier enorm bekannt ist und auch von der Tagesreichweite uneinholbare Werte hat. Allerdings ist es in einem Grenzraum für uns immer wichtig, über diese Grenzen zu schauen, das heißt nach Luxemburg, wie nach Niederländisch-Limburg, nach NRW wie nach Belgien selbst in die Wallonie und Flandern. Alles unter der Prämisse: Was heißt das für uns in Ostbelgien?“, begründet Toni Wimmer die inhaltliche Ausrichtung.
1995 – zum 50-Jährigen – wurde rechtzeitig das neue Funkhaus am Eupener Kehrweg fertig. 1998 hatte man mit Radio Salü aus Saarbrücken den neuen Privatsender „100‘5-Das Hitradio“ on air gebracht und 2001 erfolgte die inhaltliche Trennung von BRF1 (Rock, Pop, Magazinsendungen) und BRF2 (Schlager und Volksmusik).
Im Blick behält man auch die Relevanzprobleme der etablierten Medien, einhergehend mit der steigenden Bedeutung von Sozialen Netzwerken. „Wir sind bei Twitter, Facebook, Youtube … die Teilhabe auf Instagram wird gerade von uns geprüft“, sagt Wimmer.
Auch die Kultur wird als Medienpartner oder als eigener Veranstalter groß geschrieben – als Partner der kulturellen Netzwerke arsVita (St. Vith), Chudosncik Sunergia (Eupen Musik Marathon) oder mit der eigenen jährlichen „BRF Liedernacht“. „Wir versuchen auch durch Ausstellungen, Mundartabende oder Podiumsdiskussionen hier im Haus immer wieder Publikum anzuziehen. Wir sind zwar nur ein kleiner Sender mit insgesamt 72 Mitarbeiter. Doch es war immer eine Notwendigkeit mit so einer kleinen Mannschaft soviel wie möglich zu machen“, unterstreicht Toni Wimmer.
Momentan gibt es einen größeren Generationswechsel im Haus. Zwischen 2019 bis 2022 gibt es achtzehn altersbedingte Stellenausschreibungen, fast ein Viertel der Mannschaft kommt verjüngt hinzu. „Daher sind wir kein alter Sender im eigentlichen Sinne, er ist sehr lebendig, sehr ideenreich und kreativ, und der Wandel in der Medienlandschaft ist daher auch bei uns ein großes Thema“, sieht der Rundfunkdirektor positiv in die Zukunft.
Über das ganze Jahr verteilt finden verschiedene Events statt, um das Jubiläum zu feiern. Den Auftakt macht Ende März eine Ausstellungseröffnung im Funkhaus in Eupen mit einem musikalischen Streifzug von 1945 bis 2020. Eine Übersicht aller Veranstaltungen gibt es auf der Homepage. \ rm
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